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Bayerisches Staatsministerium
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10
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Alt-Katholische Religionslehre
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Jugendliche suchen Orientierung. Nach christlichem Glauben ist der entscheidende Halt die Gestalt
des Jesus von Nazareth. Für Jugendliche aber kann der Zugang zu Jesus nicht mit Hoheitstiteln und
dogmatischen Begriffen des Mittelalters gefunden werden. Auf erzählerischen und doch historisch und exegetisch fundierten Wegen sollen die Schüler durch den Satz der Jahrtausende hinfinden zum Ablauf der damaligen Geschehnisse und zur Konfrontation mit Jesu herausfordernder Botschaft.
Auch wenn Sterben und Tod nicht im Vordergrund des jugendlichen Denkens stehen, so taucht ihr Thema doch am Rand immer wieder auf und fordert Einbeziehung und Sinndeutung. Gerade von verschiedenen Konzepten der Todes- und Auferstehungslehre lassen die Jugendlichen sich hinführen zu einer Auseinandersetzung mit der Realität des Lebens und der Frage nach gemeinsamer und persönlicher Zukunft auch über den Tod hinaus.
In der Jahrgangsstufe 10 erwerben die Schüler folgendes Grundwissen:
- die Lebenssituation der Menschen Israels im Jahr 25 nach 0 beschreiben können
- das Neue und Herausfordernde der Person und Botschaft Jesu im damaligen Umfeld bezeichnen können; die Gefühle der Menschen in der Begegnung mit Jesus nachempfinden können
- fähig sein, die Kerndaten und -geschichten des Lebens Jesu wiederzugeben
- mit exegetischen Methoden Bibeltexte aus den Evangelien aufschlüsseln können
- die Person Jesu in Vergleich setzen können zu anderen richtungweisenden Menschen der Geschichte
- den Tod als Herausforderung für das Leben begreifen; diverse Denkmodelle über ein Leben nach dem Tod wiedergeben können; von christlicher Todeshoffnung her das Leben neu verstehen und gestalten können
- Demokratie als eine menschliche Organisationsform unter anderen verstehen; das bischöflichsynodale Prinzip der Urkirche und alt-katholischen Kirche verstehen und benennen können
AK 10.1 Jesus von Nazareth als Teil und Störfaktor seiner Zeit
Die Abenteuerlust und Reiselust der Jugendlichen hilft, sich in ferne Gegenden und Zeiten zu versetzen und somit sich mit den Gegebenheiten und Umständen der Zeit kurz nach dem Jahr 0 im Nahen Osten zu beschäftigen. Die Schüler lassen sich detailliert auf diese ferne Welt ein z. B. anhand eines Erzählleitfadens (wie G. Theißen, „Der Schatten des Galiläers“); sie vergleichen die eigene Aufbruchsituation mit der junger Menschen vor 2000 Jahren in Israel. Sie erarbeiten die Zusammenhänge und zugleich die Provokation des Auftretens Jesu in seiner Zeit. Die Jugendlichen lernen nachzuvollziehen, worin die Unruhe bestand, die Jesus brachte, und wen sie besonders betraf.
- gemeinsam in Phantasie und Kreativität aufbrechen zu einer Reise in die Zeit vor 2000 Jahren und in die Region des Nahen Ostens; Details kennenlernen über die Gegebenheiten der damaligen Welt
- anhand einer erdachten Leitfigur wichtige Persönlichkeiten der Zeit und Gegend in den Blick bekommen und zuordnen, z. B. Kaiser, König, Statthalter, Johannes der Täufer, Barrabas
- die Herkunft Jesu aus der Jüngerschaft Johannes des Täufers erfassen und seinen radikalen Neuansatz in den Blick bekommen; zusammentragen, was Jesus von anderen Rabbinern unterschied
- die Bewegung erkennen, die mit Jesus entstand und alte Zusammenhänge, Familien und Selbstverständlichkeiten auseinanderriss
- die Entscheidung herauskristallisieren, vor die Jesus die Menschen stellte; das Wagnis deutlich machen, das Menschen im Mitgehen mit Jesus eingingen, und in Vergleich zu Entscheidungen und Wagnissen im Leben heute stellen
AK 10.2 Begegnungen der Menschen mit Jesus [→Â K 10.3]
Das entscheidend Neue an Jesus und seiner Botschaft war die Art, in der er Menschen begegnete. Neben einen Reden war diese Art der Begegnung seine Heilsbotschaft. Die Schüler spüren in ihrer altersgemäßen Wachheit für neue Begegnungen nach, was mit den Menschen, die Jesus trafen, geschah.
- die Wunder Jesu: die Heilung erkennen, die von der Ermutigung und Liebe Jesu ausging
- die Fragen Jesu: die Ängste wahrnehmen, die die Menschen damals verschlossen machten und die Jesus in Frage stellte
- die Reden Jesu: die ursprünglichen und markanten Worte Jesu aus der Tradition der Wanderprediger und der Logienquelle zu einem Wortgemälde seiner Botschaft zusammenstellen
- die Taten Jesu: die zeichenhaften Handlungen Jesu deuten auf seine Autorität und Absicht hin
- Leiden und Tod Jesu: das Unerhörte, das mit dem Hinrichtungstod dieses Menschen verbunden war, erspüren und interpretieren können in seiner Sprengkraft und Folgewirkung
AK 10.3 Wege und Methoden, um vom Bibeltext zu Jesus zu finden
Die Schüler brauchen ein Grundgerüst an Methoden, um mit den Jesusworten und -berichten in den Evangelien umgehen zu können. Sie erlernen vom Rationalen her die historisch-kritische Methode, vom Existentiellen her den empathischen Ansatz und vom Spirituellen her das Bibelteilen. Von konkreten Erfahrungen her auf diesen Wegen werden Vergleiche zwischen Jesus und anderen historischen Persönlichkeiten und Denkern angestellt.
- die historisch-kritische Exegese mit ihren Methoden der Textkritik, Literarkritik, Formkritik und
- Redaktionskritik ansatzweise kennenlernen und so Evangeliumstexte einschätzen und zuordnen können
- den therapeutischen und „empathischen“ Ansatz von Drewermann, Kassel, Fischedick o. a. nutzen, um das Grundanliegen von Evangeliumstexten wahrnehmen und existentiell deuten zu können
- Elemente des Bibliodramas kennenlernen als spielerisch ernste Vergegenwärtigung der biblischen Situation in heutige Beziehungs- und Erlebnisfelder
- die südafrikanische Methode des „Bibelteilens“ erlernen zur gruppenmäßigen und spirituellen Annäherung an eine Bibelstelle
- vergleichbare historische Persönlichkeiten, z. B. Philosophen, Revolutionäre, Religionsstifter, zu Jesus in Kontrast bringen und das Einmalige des Mannes aus Nazareth herausarbeiten
AK 10.4 Der Tod und das Danach [→ K 10.2; Ev 10.4]
Auch schon in ihrem Lebensumfeld begegnen Jugendliche dem Tod und stellen Fragen nach Sinn und Bewältigung. Sie entdecken die evolutionsbezogene Notwendigkeit des Sterbens und den Kreislauf der Vergänglichkeit. In Trauer und Verzweiflung finden sie zugleich erste Anhaltspunkte für das, was den Tod überdauert. Aussagen anderer Religionen und die christliche Auferstehungsbotschaft ermöglichen eigenes Vertrauen zu Leben und Tod und solidarischen Einsatz für Alte und Schwerkranke.
- Begegnung mit dem Tod: eigene Erfahrungen und Bild- und Tagebuchdokumente vom Sterben Einzelner auswerten in Bezug auf die Realität des Todes und die menschliche Betroffenheit
- Infragestellung des Lebens: Verzweiflung und Ratlosigkeit wahrnehmen und als Sinnfrage deuten
- Jenseitsvorstellungen: Vorstellungen verschiedener Kulturen und Religionen zu dem, was nach dem Tod kommt, zur Kenntnis nehmen und mit Paulus (1Kor 15) hinterfragen
- Leben: das Leben neu als Geschenk interpretieren und von da offenhalten können für Zukunft und Dankbarkeit; im Gespräch mit Alten, Schwerkranken oder Betreuungshelfern persönliche und gemeinsame Anstöße finden, Leben und Tod zu überdenken
AK 10.5 Kann Kirche demokratisch sein?
Aufbauend auf der Selbstverständlichkeit, mit der die Jugendlichen Demokratie erleben, stellt sich die Frage nach einem Recht auf Demokratie im kirchlichen Bereich. Dass manche Gründergestalten der Alt-Katholischen Kirche auch Vorkämpfer für politische Demokratie in Deutschland waren, kann die Schlussfolgerung nahelegen, Kirche könne wie ein Staat demokratisch durchorganisiert sein. Die Schüler können aus Parallelen im Bereich der Familie, der Liebesbeziehung und der Freund- bzw. Patenschaft auf die Grenzen des demokratischen Systems stoßen.
- einen kurzen Überblick über die Idee und Geschichte der Demokratie gewinnen
- den Freiheitskampf und demokratischen Ansatz in der alt-katholischen Bewegung und im Bereich der Kirchengründung (ab 1872) nachvollziehen und interpretieren
- Lebensräume, die mit demokratischen Regeln nicht zu erfassen und zu bewältigen sind, suchen und zusammenstellen; andere Entscheidungsabläufe und Regeln dafür aufzustellen versuchen
- den bischöflich-synodalen Ansatz in der alt-katholischen Kirche kennenlernen und unter Einbeziehung von Subsidiarität und Mitbestimmung als Alternative zu anderen Kirchenstrukturen dartun
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