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Bayerisches Staatsministerium
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10
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Sozialpraktische Grundbildung
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(WSG-S 2 + Profil)
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Die Schüler vertiefen ihr Wissen über die Bedingungen menschlichen Handelns und die soziale Einbindung des Einzelnen in die Gemeinschaft. Die Themen der Jahrgangsstufe 10 erfordern eine besonders sensible Herangehensweise. In der Phase der Identitätssuche befassen sich die Schüler mit der Einbeziehung des Einzelnen in Gruppenprozesse. Zum Themenbereich SpG 10.2 Sozialstaat und Arbeitswelt erlaubt der Lehrplan eine Auswahl zwischen zwei Themen (SpG 10.2.1 und SpG 10.2.2), die Ausprägungen des sozialen Wandels in verschiedenen Lebensbereichen beschreiben. Die Auseinandersetzung mit wesentlichen Aufgabenfeldern und Herausforderungen des modernen Sozialstaats lässt die Schüler erkennen, dass die Gesellschaft auf Solidarität und Gemeinsinn angewiesen ist, um ihre sozialen Aufgaben zu erfüllen. Sie können sich aber auch mit Erscheinungsformen und Wandlungsprozessen der Arbeitswelt auseinandersetzen und gewinnen durch eine praxisnahe Unterrichtsgestaltung einen Überblick über Entwicklungen in der Arbeits- und Berufswelt. Die Schüler lernen Voraussetzungen und Chancen sozialer Arbeit kennen. Im sozialen Praktikum können die Jugendlichen durch ihr Engagement für Menschen in besonderen Lebenslagen persönliche Motive und soziale Fähigkeiten überprüfen. Die Vorbereitung von Erkundungen, die Durchführung von Projekten und das soziale Praktikum fördern die Selbstkompetenz und die Eigenverantwortlichkeit der Schüler und regen zur Mitgestaltung des sozialen Lebens an (Bedingungen für die Ableistung von Praktika vgl. Fachprofil).
In der Jahrgangsstufe 10 erwerben die Schüler folgendes Grundwissen:
- Merkmale der sozialen Gruppe, Gruppendruck, Gruppendynamik, Mechanismen der Vorurteilsbildung
- Ausprägungen des sozialen Wandels in einem wichtigen Lebensbereich
- Formen und Organisationsformen sozialer Hilfe, ethische Aspekte sozialer Arbeit
- Erstellen von Erfahrungsberichten und Protokollen; Kompetenzen im Umgang mit Behörden und Betrieben
- Einsicht in die soziale Einbindung des Menschen
- Festigung von Toleranz, Empathie und VerantwortungsbewusstseinÂ
- Bereitschaft zu Engagement im sozialen Bereich
SpG 10.1 Soziale Gruppe und gruppenorientiertes Verhalten (ca 18 Std.)
Mit dem erweiterten und vertieften Wissen über Gruppenstrukturen, Gruppendynamik und Anpassung in kleinen und großen Gruppen wird den Schülern die soziale Bedingtheit des Handelns deutlich. Die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Folgen von Vorurteilen schärft ihren Blick für Formen der Toleranz. Darüber hinaus erfahren die Schüler die wachsende Bedeutung der Zusammenarbeit im Team.
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- das Individuum in der sozialen Gruppe: Rollenverhalten, Anpassungsdruck, Normierungs- und Sanktionsformen, Führungsstile, Gruppenstrukturen und -prozesse; Beispiele aus dem Lebensumfeld von Jugendlichen
- Arbeit im Team: Vorteile von Gruppenarbeit; Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Sozialformen; Einübung kooperativen Verhaltens
- Mechanismen der Vorurteilsbildung (sozialpsychologische Experimente, z. B. Stanford-Prison-Experiment); Favorisierungs- oder Diskriminierungstendenzen der Eigen- und Fremdgruppe; Instrumentalisierung des autoritären Charakters; Bildung von Stereotypen; Selbsterfahrung im Rollenspiel mit Perspektivenwechsel
- gruppendynamische Prozesse in Großgruppen; Phänomene der Massenpsychologie; Instrumentalisierung von Ideologien und Symbolen an aktuellen Beispielen
SpG 10.2 Sozialstaat und Arbeitswelt
Bei zweistündigem Unterricht ist wahlweise SpG 10.2.1 oder SpG 10.2.2 zu behandeln.
SpG 10.2.1 Der moderne Sozialstaat [→ SkWSG-S 10.1]Â (ca. 16 Std.)
Auf der Grundlage der Beschäftigung mit dem Sozialstaatsprinzip setzen sich die Schüler eingehend und praxisbezogen mit den verschiedenen Ausprägungen des Sozialstaats in ihrem eigenen Lebensumfeld auseinander. Sie erkennen die sozialpolitischen Herausforderungen, vor denen die Bundesrepublik Deutschland zu Beginn des 21. Jahrhunderts steht, diskutieren Lösungsversuche und gelangen zu der Einsicht, dass ein menschenwürdiges Leben gleichermaßen auf Eigenverantwortlichkeit sowie der Bereitschaft zu Solidarität und Hilfe für Schwächere beruht.
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Entwicklungslinien der europäischen Sozialgeschichte; Solidarität und Subsidiarität als Fundamente des Zusammenlebens; weltanschauliche Grundlagen, z. B. katholische Soziallehre, Kommunitarismus
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Struktur des sozialen Netzes: Vorsorge- und Fürsorgeprinzip; Pflichtversicherungen; sozialstaatliche Maßnahmen in einem ausgewählten Politikbereich, ggf. Expertenbefragung
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Herausforderungen für den modernen Sozialstaat: Problemfelder und Lösungsansätze, z. B. zu sozialer Sicherheit in einer alternden Gesellschaft;Â Chancen und Grenzen einer größeren Eigenverantwortung
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Erkundung einer sozialen Einrichtung vor Ort, ggf. Planung und Durchführung durch Schüler
In der Auseinandersetzung mit den sozialen Aspekten der Arbeitswelt erkennen die Schüler die Bedeutung von Beruf und Arbeit für den Einzelnen und die Gesellschaft. Sie befassen sich mit Formen und Folgen des Wandels in der Arbeitswelt und lernen Grundzüge des Arbeitsrechts, Zusammenhänge zwischen Arbeitsbedingungen und Gesundheit sowie Betriebe als soziale Systeme kennen. Anhand von aktuellen Themen wird ihnen die Spannung zwischen Bewahrung von Rechten und Anpassung an neue wirtschaftliche Herausforderungen bewusst. Das Thema erlaubt vielfältige Kontakte zu Fachbehörden, Betrieben und Experten für eine praxisnahe Unterrichtsgestaltung und kann einen Beitrag zur Vor- und Nachbereitung des Praktikums und zur beruflichen Orientierung leisten.
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- Bedeutung von Arbeit und Beruf für den Einzelnen (psychologische, soziale Aspekte); Wandel der Einstellungen
- Herausforderungen durch den Wandel in der Arbeitswelt [→ WR 9.1.3]: z. B. neue Qualifikationen und Anforderungen wie Flexibilität, Mobilität; Auswirkungen auf den Einzelnen und die Gesellschaft
- Grundzüge des Arbeitsrechts; Aspekte des Jugendarbeitsschutzgesetzes; Rolle von Personalvertretungen; Aufgaben von Behörden, ggf. Kontakte z. B. mit Gewerbeaufsichts- und Arbeitsämtern, Arbeitsgerichten
- Arbeit und Gesundheit: Auswirkungen von Arbeitsplatzgestaltung und Arbeitsrhythmus; berufstypische Risiken
- der Betrieb als soziales System: formelle und informelle Strukturen, Formen und Folgen des sozialen Klimas; ggf. Erkundungen in Betrieben bzw. Kontakte mit Arbeitgebern und Arbeitnehmern
In Kenntnis der Grenzen und Möglichkeiten des Sozialstaats erschließen die Schüler Formen und Bereiche sowie Voraussetzungen sozialer Arbeit. Vor allem durch diesen Themenbereich soll das abzuleistende Praktikum gezielt vor- und nachbereitet werden (Bedingungen für die Ableistung von Praktika vgl. Fachprofil). Durch Erkundungen im Rahmen des Unterrichts und mithilfe der Erfahrungen im Praktikum erkennen die Schüler Herausforderungen und Chancen sozialer Arbeit, können eigene Fähigkeiten ausloten und erhalten Anregungen für berufliche und ehrenamtliche Tätigkeiten.
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- ethische Aspekte sozialer Arbeit; Probleme bei der Sicherstellung von Menschenwürde und Grundrechten
- Bestandserfassung sozialer Einrichtungen im Umfeld: Aufgaben und Wirkungskreise sozialer Dienste, Träger, Organisationsformen, ausgewählte aktuelle Probleme der Einrichtungen
- Chancen und Probleme der Jugendarbeit: Träger und Ziele; Beispiele für sozialpädagogische Maßnahmen und Strategien der Jugendhilfe
- Bedingungen der Krankenpflege: Pflegegrundsätze; Trennung von medizinischen und pflegerischen Tätigkeiten, ambulante und stationäre Organisationsformen
- Herausforderungen sozialer Arbeit mit alten Menschen [→ K 10.2, Ev 10.4, Eth 10.3]: Dimensionen des Prozesses des Alterns, Alterstheorien, Aufgaben von Sozial- und BetreuungsdienstenÂ
- soziale Arbeit mit Behinderten [→ K 10.1]: Problematisierung des Begriffs Behinderung; Integrationsmöglichkeiten; Interessenvertretung in Staat und Gesellschaft; Aufgaben und Formen der Arbeit mit Behinderten an Beispielen; ggf. Besuch einer EinrichtungÂ
- praktikumsvorbereitende Exkursionen und Gespräche mit Experten; ggf. Vor- und Nachbereitung von Praktikumsberichten; Erfahrungsaustausch zu Praktika
SpG 10.4Â Profilbereich am WSG-S (ca 28 Std.)
Soweit die gemäß Stundentafel zur Verfügung stehende Profilstunde dem Fach Sozialpraktische Grundbildung zugeordnet wird, sind die Themenbereiche SpG 10.2.1 und SpG 10.2.2 verpflichtend zu behandeln. Außerdem werden die Themenbereiche SpG 10.1 und SpG 10.3 durch die im Folgenden angegebenen Inhalte vertieft. Die zusätzliche Unterrichtszeit erlaubt den Schülern weitere Einblicke in Formen des sozialen Wandels. So stellen sie Bezüge her zwischen den Herausforderungen für den modernen Sozialstaat und den Entwicklungen in der Arbeits- und Berufswelt und sie setzen sich mit den Auswirkungen des Wandels für den Einzelnen und die Gesellschaft auseinander. Zudem ergeben sich weitere Möglichkeiten, Kontakte und Kooperationen mit Einrichtungen, Betrieben oder Organisationen herzustellen. Dies verhilft den Schülern zu vertieften Einsichten, die sie auch für die eigene berufliche Orientierung nutzbar machen
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Zu SpG 10.1 Soziale Gruppe und gruppenorientiertes Verhalten:
- Teamarbeit in der Diskussion: Analyse von Beispielen aus Wirtschaft und Wissenschaft; Gefahr von Fehlentwicklungen bei starkem Harmoniestreben und hoher Gruppenkohäsion
- Bedingungen für erfolgreiches Arbeiten in der Gruppe; ggf. Vergleich von Ergebnissen von Gruppen- und Einzelarbeit mit einfachen Beispielen
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 Zu SpG 10.3 Herausforderungen und Chancen sozialer Arbeit:
- Formen sozialer Hilfe in Geschichte und Gegenwart anhand von Beispielen; Motive und Entwicklungslinien, Organisationsformen; ggf. aktuelle sozialpolitische Gesetzesvorhaben
- Perspektiven für Beruf und Studium: Studiengänge und Ausbildungswege, z. B. Pflegemanagement, Sozialmanagement, Betreuungsberufe
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