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Bayerisches Staatsministerium
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10
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Evangelische Religionslehre
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Im Übergang zum Erwachsenenalter sind die Schüler herausgefordert, in einer oft verwirrenden Pluralität von religiösen und weltanschaulichen Richtungen einen eigenen Standpunkt zu finden. Die Schüler überdenken ihren bisherigen Umgang mit der Bibel und finden zu einem zunehmend kritisch aufgeschlossenen, methodisch reflektierten Bibelverständnis. Sie bedenken Grenzfragen des Lebens im Licht christlicher Auferstehungshoffnung. In der Auseinandersetzung mit ethischen Fragestellungen des Alltags lernen die Jugendlichen, mit widerstreitenden Interessen und Wertorientierungen umzugehen und Maßstäbe für eigenes Urteilen und Entscheiden zu finden. Außerdem gewinnen sie Einblick in fernöstliche Religiosität. Zunehmend wissenschaftlich bestimmte Vorgehensweisen bereiten die Arbeit in den Jahrgangsstufen 11 und 12 vor.
In der Jahrgangsstufe 10 erwerben die Schüler folgendes Grundwissen:
An einem Beispiel vollziehen die Schüler die theologische, historische und kulturelle Bedeutsamkeit der Bibel nach. Zugleich entdecken sie darin Impulse für ihr eigenes Leben und ihren eigenen Glauben.
- exemplarisch eine biblische Schrift oder Tradition in gesamtbiblischer Perspektive kennenlernen, z. B. Vätergeschichten, Exodus, Hiob, Apokalypse unter folgenden Gesichtspunkten:
- unterschiedliche Zugänge und Erfahrungen; Fremdheit biblischer Themen und Texte
- Einführung in die historisch-kritische Arbeitsweise an biblischen Texten
- eine weitere Lesart, z. B. (tiefen-)psychologisch, feministisch, sozialgeschichtlich
- Beispiele für Interpretationen in Kunst, Literatur, Musik, Film
- die Bibel als Buch des Glaubens wahrnehmen
- Schriftverständnis der „Buchreligionen” im Vergleich: Jesus Christus als „Wort Gottes” im Menschenwort; Koran im Himmel (Islam); Offenbarung der Weisung (Judentum)
- Verbalinspiration und Fundamentalismus; Mitte der Schrift; kanonische Auslegung
Die Schüler gewinnen Einblick in die Vielfalt von Religion und Religionen, Weltanschauungen und Frömmigkeitsformen. Sie werden ermutigt, ihre kulturelle und religiöse Identität in dialogischer Offenheit zu entwickeln sowie ihre Religionsmündigkeit wahrzunehmen. Eines der drei Themen soll schwerpunktmäßig behandelt werden, wobei der Gesichtspunkt der Toleranz in jedem Fall verpflichtend ist.
- Religion als den Menschen prägende Kraft wahrnehmen
- Religion im Erfahrungsbereich der Schüler; lebensbegleitende Riten, Bräuche, Feste
- evtl. plurale religiöse Sozialisation; dazu Umfragen, religionssoziologische Einsichten
- Religionsmündigkeit; positive und negative Religionsfreiheit
- Zusammenhang von Religion und Kultur an Beispielen
- den Wandel vom traditionellen zum heutigen Verständnis von Mission kennenlernen
- Motive, Ziele und Arbeitsweisen der Mission im 19. Jahrhundert; Religion und Kulturimperialismus
- „missionarische Kirche” heute - Kennzeichen, Probleme und Grundthemen: Indigenisation der Botschaft; Konvivenz; kirchliche Hilfe zur Selbsthilfe; eine bayerische Partnerkirche
- sich mit der Pluralität der Religionen auseinandersetzen
- der Wahrheitsanspruch der Religionen, unterschiedliche Wege zur Toleranz: Aufklärung, „anonymes Christentum”, Anerkennung verschiedener Heilswege
- Möglichkeiten und Grenzen der Verständigung anhand von Themen wie Weltethos, Frauenbild, Heilige Schriften, gemeinsame diakonische Praxis
Ev 10.3 Buddhismus [→ K 10.5] (ca. 10 Stunden)
Die Auseinandersetzung mit fernöstlicher Religiosität erweitert die Sicht von Ich und Welt, dient dem vertieften Verständnis und der Achtung des Fremden sowie der Vergewisserung darüber, was christlicher Glaube ist.
- den Buddhismus im Überblick kennen lernen
- aktuelles Interesse an fernöstlicher Religiosität, z. B. religiöse Heilmethoden, Yoga, Zen
- Grundvorstellungen des Hinduismus als geistige Voraussetzungen: Karma, Brahman
- Grundzüge der Biographie Buddhas und der Geschichte des Buddhismus
- Grundvorstellungen des Buddhismus: Lehre und Grundsätze der Lebensführung
- buddhistische und christliche Glaubensvorstellungen in Beziehung zueinander setzen
- z. B. Spiritualität, Lebensführung, Verständnis von „Ich”
Ev 10.4 Tod und Leben [→ K 10.2] (ca. 10 Stunden)
Schüler begegnen der Thematik „Tod und Leben“ als Spannungsmoment in der virtuellen und medialen Welt der modernen Unterhaltungskultur, aber auch im persönlichen Erfahrungshorizont. Dabei machen sie sich Todesfaszination sowie die Angst vor dem eigenen Lebensende und Erfahrungen der Trauer bewusst und beachten einen behutsamen und sensiblen Umgang mit diesen Gefühlen und Erfahrungen. Die Schüler lernen vielfältige religiöse Deutungen des Todes kennen und nehmen wahr, wie sich die Sicht des Lebens im Horizont der christlichen Auferstehungshoffnung verändern und erweitern kann.
- über Vorstellungen zu Tod und Sterben nachdenken
- Todesängste und -sehnsüchte in Kunst, Literatur oder Musik; Verdrängung des Todes; ggf. eigene Erfahrungen; Tod in der Jugendkultur, z. B. als Unterhaltungsmoment in den modernen Medien
- Sterben und Trauern als prozesshaftes Geschehen; eventuell Hospizbewegung, Sterbe- und Trauerbegleitung
- unterschiedliche religiöse Vorstellungen von Tod und Jenseits
- sich mit dem christlichen Verständnis von Tod und Auferstehung auseinandersetzen
- das christliche Bekenntnis zu „Auferstehung der Toten und ewigem Leben” (Credo 3. Artikel); Vorstellungen vom „Gericht Gottes”, z. B. Ps 82; 1 Kor 3,11-15; Offb 20 und 21
- Symbole und Bilder christlicher Hoffnung, z. B. Jes 11; Lk 15; Joh 3; Joh 12,24-26; 1 Kor 15
Die Schüler erkennen an konkreten Konfliktfällen aus dem Alltag die Komplexität und Vernetztheit ethischer Fragestellungen; sie verstehen Grundbegriffe ethischer Reflexion und wenden sie an. In der Diskussion über mögliche Lösungsansätze prüfen sie, wie der christliche Glaube Haltungen und Werte unterstützt und damit eigene, verantwortliche Entscheidungen in solchen Fragen erleichtert. Der Schwerpunkt soll auf eines der beiden Themen „Wahrheit und Lüge” oder „Eigentum” gelegt werden.
- ein ethisches Problemfeld aus dem Alltag erschließen
- Sachanalyse eines ethischen Konfliktfalls aus dem alltäglichen Bereich, z. B. Raubkopien, Schwarzfahren, Schwänzen, Notlüge, Lästern, Mobbing, üble Nachrede, Sich-etwas-Vormachen
- elementare Regeln ethischer Urteilsbildung; Normen, Werte; Bedeutung des Gewissens
- Auswirkungen von Lebensstil, Erziehung, Gewohnheiten auf Tun und Lassen
- christliche Perspektiven im Umgang mit dem gewählten Problemfeld erörtern
- christliche Impulse wie Dekalog, Liebesgebot; christliches Freiheitsverständnis im Sinne Luthers
- Konsequenzen aus der christlichen Sicht von Gott, Mensch und Welt für das Handeln
- das Verhältnis von gesellschaftlichen Wertvorstellungen und christlichen Orientierungen
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