Das Lehrplankapitel behandelt nicht die Geschichte des deutsch-französischen Verhältnisses im 19. Jh. im Sinne einer diplomatiegeschichtlichen, also politikgeschichtlichen Analyse, sondern Funktion und Wirkung nationaler Fremd- und Selbstbilder am Beispiel dieser beiden Nationen. Die Ereignisgeschichte von den Befreiungskriegen über die Reichsgründung in Versailles bis zu den Bündnisstrukturen im Vorfeld des Ersten Weltkriegs sollte, um das eigentliche Thema nicht zu verfehlen und eine stoffliche Überfrachtung zu verhindern, eher außen vor bleiben oder zumindest sehr deutlich zurücktreten; stattdessen wären typische nationalistische Ideologeme und ihre vielfältigen Ausprägungen in der Hoch- und Alltagskultur zu behandeln: aus deutscher Sicht etwa die auch im Lehrplan angeführte Rede vom „Erzfeind“ Frankreich, der Überlegenheitsanspruch der deutschen „Kultur“ gegenüber der französischen „Zivilisation“; das Beharren auf dem „deutschen Rhein“ und ähnliche Vorstellungen.