ROrth 11.1 Offenbarung des Dreieinigen Gottes
Die Gymnasiasten nehmen wahr, dass für die Orthodoxe Kirche die Offenbarung der Hl. Dreieinigkeit das wichtigste aller Mysterien des Glaubens ist, das im täglichen „Vollzug“ ihres Glaubens in Gebet und Gottesdienst „erfahrbar“ ist: Beispielsweise „praktizieren“ Orthodoxe ihren Glauben an die Hl. Dreieinigkeit und zugleich auch den soteriologischen Bezug der Trinitätslehre, indem sie beim „wieder und wieder“ vollzogenen Kreuzzeichen drei Finger als Symbol der Dreieinigkeit zusammenlegen und sich so mit dem rettenden Zeichen des Kreuzes bezeichnen. „Erfahrbar“ ist die Trinitätslehre dem orthodoxen Christen auch durch gottesdienstliche und patristische Texte, mit denen sich die Jugendlichen nun befassen. Sie lernen, dass diese Vorrangstellung des Trinitätsdogmas, der Lehraussagen über die immanente Trinität, neben der Christologie der wichtigste Punkt ist, an dem sich östlich-orthodoxes vom westlichen Verständnis unterscheidet.
- Reden und Schweigen angesichts des Geheimnisses der Hl. Dreieinigkeit (Lektüreauswahl aus dem Pfingstgottesdienst und aus den Werken der Väter: Gregor d. Theologen, Gregor v. Nyssa)
- Monarchie des Vaters (Auseinandersetzung mit dem „filioque“)
- das Credo
ROrth 11.2 Einführung in die Geschichte der Liturgie
Kirche begegnet den orthodoxen Schülern vor allem in der Liturgie. Was sie aus regelmäßiger Praxis oder zumindest aus den hohen Festgottesdiensten kennen, die Schüler durchdringen nun auch gedanklich das Wesen der Kirche und gelangen so zu einem umfassenden Verständnis der Kirche und ihrer Geschichte. Einsicht in Verflechtungen der Liturgie mit konkreter Geschichte wird am Verhältnis der Kirche zur Kultur und zur Nation gewonnen.
- Entstehung, Entwicklung der Riten und Hymnographie der Orthodoxen Kirche
- liturgische Texte laut lesen, ggf. singen, erläutern
ROrth 11.3 Geschichte und Theologie der Russisch-Orthodoxen Kirche im 20. Jh.
Der Weg der russisch-orthodoxen Kirche der Sowjetperiode ist von völlig neuen Krisen und Möglichkeiten gezeichnet. Sowohl in den schweren Verfolgungen in der Sowjetunion als auch in dem kirchlichen Leben von Millionen russisch-orthodoxen Christen im Ausland legte die russische Kirche des 20. Jh. Zeugnis von Christus ab. An Beispielen aus der Geschichte und Theologie der russischen Kirche im 20. Jh. können die Schüler Verständnis für Schwierigkeiten und Möglichkeiten kirchlicher Existenz gewinnen.
Kirche und Staat in der Sowjetunion
Spaltungen innerhalb der Russischen Kirche im 20. Jahrhundert; die russische Diaspora
Theologen der russischen Diaspora
ROrth 11.4 Kirche im totalitären Staat
Die Auseinandersetzungen des 20. Jahrhundert, in denen auch die Existenz der Kirche in Deutschland in Frage gestellt wurde, sind die Basis heutiger gesellschaftlicher Verhältnisse. Durch Analyse von Unterdrückungs- und Verfolgungssituationen aus dieser Zeit wird den Jugendlichen bewusst, dass christlicher Glaube dazu beitragen kann, totalitäres Denken in Frage zu stellen. Am Beispiel von Einzelpersonen bzw. Gemeinschaften aus der jüngeren Geschichte Deutschlands erkennen sie, dass auch Menschen der modernen Zeit hierzulande zum Märtyrertod für Christus bereit waren, und sie nehmen dadurch Anregungen für den eigenen Glauben auf.
- die Kirchen unter den Nationalsozialisten 1933-1945: „Kirchenkampf“, Deutsche Christen, Bekennende Kirche, katholische Bischöfe
- die Weiße Rose: Glaubenszeugnis von Hans und Sophie Scholl, Alexander Schmorell
ROrth 11.5 Orthodoxie in der modernen Welt
Auch wenn sich die Schüler der Prinzipien der Aufklärung oft nicht ausdrücklich bewusst sind, bestimmen doch rationale Erklärungsmuster und technische Weltbewältigung oft wie selbstverständlich ihr Denken und Verhalten. Indem sie sich mit ausgewählten Bereichen beschäftigen, sollen die Schüler ein Verständnis für die geistige Situation gewinnen, in der sie leben. Dabei kommt den Konsequenzen aufklärerischen Denkens für die öffentliche Stellung wie für die persönliche Geltung von Religion bzw. Glaube besonderes Gewicht zu. Die Schüler entwickeln ein Gespür für die Ambivalenzen des „Fortschritts“ und gewinnen Einsicht in Möglichkeiten einer sinnvollen Zuordnung von Glaube, Vernunft und wissenschaftlichem Denken. So erlangen sie auch eine eigene Kompetenz, einander widerstreitende Deutungs- und Geltungsansprüche zu beurteilen.
- Grundzüge des Programms der Aufklärung im 18. Jh.: Autonomie der Person, Herrschaft der Vernunft, Religionskritik, Deismus
- Verständnis des Menschen zwischen moderner naturwissenschaftlicher, psychologischer oder soziologischer Forschung und christlichem Verständnis des Menschen
- Wechselwirkungen und Konflikte zwischen westlicher Theologie und neuzeitlichem Denken, z. B. die historische Leben-Jesu Forschung; die historisch-kritische Methode aus orthodoxer Sicht (ihr Nutzen, ihre Probleme)