Kreative Methoden
Die Ergebnisse aus Schulleistungsvergleichstudien haben in jüngster Zeit zu der Erkenntnis geführt, dass Schülerinnen und Schüler nicht das können, was sie laut Lehrplan wissen bzw. gelernt haben sollten. Forderungen, dass nicht nur Lehrende, sondern auch die Lernenden methodische Handlungskompetenz als Schlüsselqualifikation benötigen, hat Eingang in die Lehrpläne, Bildungsstandards und Unterrichtsmaterialien gefunden. Daher gehört es zu der Aufgabe von Lehrerinnen und Lehrern, das Lernen zu lehren, elementare Lern- und Arbeitstechniken sowie Methoden der Kommunikation und Kooperation zu vermitteln. Anders lernen bedeutet für Schülerinnen und Schüler, aktiver, kommunikativer und selbständiger arbeiten zu dürfen und mehr Verantwortung für das eigene Lernen zu übernehmen. Lehrkräfte sind weiterhin nicht mehr nur in ihrer Rolle als Wissensvermittelnde gefragt, sondern haben noch mehr als bisher eine begleitende und unterstützende Funktion, unter anderem durch eine kreative Gestaltung der Unterrichtskultur sowie durch das Setzen inhaltlicher Impulse, die Schülerinnen und Schüler motivieren, selbständig Kompetenzen zu erwerben. Ein solches Lernen und Lehren fördert nicht nur ein ganzheitliches und mehrkanaliges Lernen, sondern es fordert und fördert auch religiöse Sprachfähigkeit. Sich im Gespräch, durch kreatives Schreiben, in Bildern, bei Exkursionen, im Spiel etc. über religiöse Fragen und Überzeugungen auszutauschen, diese zu diskutieren und zu überdenken, kann zwar nicht religiöse Handlungskompetenz garantieren, aber es könnten Bausteine sein, die zu ihrer Entwicklung beitragen. Im Folgenden wird eine Auswahl von Methoden vorgestellt, die Lernen mit Kopf, Herz und Hand ermöglichen können.
Kreatives Schreiben
Kreatives Schreiben ist ein ganzheitliches Unterrichtsverfahren, das die Schülerinnen und Schüler mit ihren kognitiven, emotionalen und sozialen Kompetenzen fordert. Es ermöglicht Kindern und Jugendlichen, ihre Gedanken und Vorstellungen im Bereich Religion und Glaube in ästhetischen Gestaltungsformen auszudrücken und ihre eigenen Beiträge als wertvoll zu erfahren. Das kann ihre Persönlichkeit stärken, zu der auch eine religiöse Identität gehört. Kreatives Schreiben lässt Kinder und Jugendliche zum Ausdruck bringen, was für sie bedeutsam ist, was sie zweifeln, aber auch hoffen lässt. Neben kognitiv analysierenden Formen der Erschließung von christlichen Glaubensinhalten sollten im Religionsunterricht Methoden wie das kreative Schreiben eingesetzt werden, da sie subjektive Berührungspunkte und damit eine persönliche Relevanz schaffen. Indem die Lernenden einen Ausgangstext oder -im- puls schreibend bearbeiten, transformieren sie die christliche Botschaft und schlagen so eine Brücke zu ihrem Leben. Es wird zwischen folgenden Verfahren des kreativen Schreibens unterschieden:
· Assoziative Schreibverfahren (Gedankenlandkarte/Cluster; Akrostichon: ein Ausgangsbegriff wird senkrecht notiert, in der Waagrechten werden beginnend mit dem jeweiligen Buchstaben neue Begriffe oder Sätze zum Thema assoziiert)
· Kreatives Schreiben zu Texten (Textergänzung oder Leerstellen füllen; Paral- lel-, Gegen- und Antworttexte schreiben; Geschichte weiterschreiben, perspektivisch schreiben)
· Kooperative Schreibverfahren (Schülerinnen und Schüler schreiben in Kleingruppen gemeinsam einen Text, z. B. Reihum-Geschichten oder Reihum-Gedichte)
· Kreatives Schreiben zu anderen Schreibanlässen (z. B. zu Bildern, Musik, Symbolen, Bewegung, Orten)
Erzählen im Religionsunterricht
Die Geschichtserzählung geriet in den fünfziger und vor allem in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts aufgrund ihrer Tendenz zur personalisierenden und personifizierenden Darstellung im Religionsunterricht, der nun rational und kritisch sein wollte, ins Kreuzfeuer der Kritik. Reines Erzählen und bloße Geschichtskunde sollten vermieden werden. Es wurde argumentiert, dass Geschichtenerzählen die Zuhörer „einlulle“, statt selbständiges und kritisches Denken zu fördern. Inzwischen ist in der Theologie, der Pädagogik, der Sprachwissenschaft sowie in der Literatur die Bedeutung des Erzählens wiederentdeckt worden. Stellvertretend für die „narrative Theologie“ betont Johann Baptist Metz die Nähe des Erzählens zur Poesie und warnt vor einem standardisierten Wissenschaftsideal, das ein Erzählverbot einschließt. Gerade die Erzählung kann Unmittelbarkeit, Vorstellbarkeit und Betroffenheit durch einen Zugang zu den Erfahrungen der Gegenwart und der Vergangenheit vermitteln und bietet Identitätspotential.
Um sich in unserer postmodernen Gesellschaft orientieren zu können, ist ein multiperspektivischer Unterricht zu empfehlen, der verschiedene Medien und Methoden wählt, um einen Rückblick auf Geschehenes zu ermöglichen. So können scheinbar objektive Fakten ergänzt werden durch die Betroffenheit und Empathie vermittelnde Sicht der Opfer. Erzählen kann somit nicht nur sensibilisieren, sondern auch Haltungen und Einstellungen bei den Schülerinnen und Schülern fördern.
Im Hinblick auf das Erzählen biblischer Geschichten können die Erzählwelten der Bibel mit den Erzählwelten von Kindern und Jugendlichen ins Gespräch kommen. Diese Begegnung mit den fremden Erzählwelten lädt dazu ein, die eigene Identität sowie die eigenen Wahrnehmungs- und Deutungsmuster zu überprüfen und zu erweitern.
Im Religionsunterricht können wir unterschiedliche Erzählformen unterscheiden:
· Erzählen biblischer Geschichten
- biblische Nacherzählung/Texterzählung (Neben der texttreuen Nacherzählung ist auch eine freie Nachgestaltung biblischer Geschichten durch den Wechsel der Erzählperspektive denkbar; z. B. kann die Geschichte vom barmherzigen Samariter aus der Sicht des Mannes erzählt werden, der unter die Räuber gefallen war; oder: die Mutter des verlorenen Sohnes erzählt einer Nachbarin, was sich in ihrer Familie ereignet hat.)
- Umwelterzählung (Informationen über die Zeit, Geschichte und Umwelt der Bibel, den kultur- und religionsgeschichtlichen, politischen und geographischen Hintergrund)
- Verlaufsgeschichten (biblische Geschichten werden mit heutigen gestalterischen Mitteln für Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Altersstufen umgeformt)
- Rahmenerzählungen (legen das Problem dar, um das es in dem Text geht)
- Weiter-Erzählungen (den Zuhörern muss der biblische Text bekannt sein, der Erzähler setzt seine subjektive Sicht der Geschichte in Form einer Weiter-Erzählung fort)
- biblisches Summarium (gibt eine gebündelte Zusammenfassung über einen größeren Sachzusammenhang wie beispielsweise die Passion Jesu)
- Erzählung zur Entstehung biblischer Texte
· Nichtbiblische Erzählung
- problemorientierte Erzählungen (thematisieren christliche Verhaltensweisen und Motivationen für menschliches Handeln)
- biographische Erzählungen (Geschichten von Personen, die aus christlicher Motivation gehandelt haben)
- historische Erzählungen (z. B. über den Ablauf kirchengeschichtlicher Ereignisse wie z. B. der Reichstag zu Worms)
- Erzählungen im Kirchenjahr (z. B. über religiöses Brauchtum und dessen Begründungen)
Texte im Religionsunterricht
In vielen Religionsstunden steht ein (biblischer) Text im Mittelpunkt, der anhand von Leitfragen, die die Lehrkraft stellt, bearbeitet wird. Methodisch findet die Bearbeitung des Textes häufig im Lehrer-Schüler Gespräch statt, wobei meist der Lehrer bzw. die Lehrerin spricht. Ein Hefteintrag sichert den „Ertrag“ der Stunde.
Neben den kognitiven Methoden mit Texten im Religionsunterricht umzugehen, gibt es noch eine Reihe von Möglichkeiten, die affektives und nachhaltiges Lernen fördern. Somit kann verhindert werden, dass der Unterricht uniform und fantasielos wird. Zudem werden durch kreative und ganzheitliche Methoden der Textarbeit die Schülerinnen und Schüler als Subjekte des Lernprozesses ernst genommen und sind aktiv gefordert, an der Gestaltung des Unterrichtsgeschehens teilzuhaben.
Formal kann zwischen fünf Stufen der Textarbeit unterschieden werden, die sich in der unterrichtlichen Realität immer wieder durchdringen:
- Phase der Hinführung an den Text (die Begegnung und Erschließung eines Textes wird durch einen Impuls vorbereitet, der thematisch auf den Text hinführt)
- Phase der Textbegegnung (Vorstellen des Textes, so dass die Schülerinnen und Schüler seine Gestalt angemessen erfassen können)
- Phase der Texterschließung (Sprachgehalt und Inhalt des Textes sollten von den Schülerinnen und Schülern verstanden werden, damit sie sich sachgerecht damit auseinandersetzen können)
- Phase der Auseinandersetzung (ein Bezug zwischen der Textwelt und der Lebenswelt der Lernenden sollte entstehen)
- Phase der Textaneignung (Frage danach, wie der Text Kindern und Jugendlichen helfen kann, ihre Lebenswirklichkeit zu verstehen und zu deuten)
Die folgenden didaktischen Grundsätze spielen neben der Auswahl bestimmter Methoden eine wichtige Rolle: Zunächst sollten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit haben, den Text bewusst wahrzunehmen, bevor sie ihn in seiner Struktur reproduzieren können (z. B. in Partnerarbeit oder innerliches Nachvollziehen mit geschlossenen Augen). Der Text sollte nicht nur kognitiv ansprechend sein, sondern die Lernenden dazu anregen, aktiv zu werden. So könnten sie im Rahmen eines ethischen Themenbereiches beispielsweise mit einer Kamera gewappnet losziehen und selbst gesellschaftliche Missstände festhalten, die nicht mit den besprochenen christlich-ethischen Leitlinien zu vereinbaren sind.
Damit die Kinder und Jugendlichen sich mit ihren Anliegen und Erfahrungen ernst genommen fühlen, sollte im Unterricht versucht werden, ihren Lebenskontext in den Lernprozess mit einzubauen. Neben dem kognitiven Verstehen eines Textes ist es ebenso wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler dazu angeregt werden, sich mit Personen im Text zu identifizieren, da so Empathie und Sympathie gefördert werden, was zu einem vertieften Verstehen etwa von Bibeltexten führen kann. Schließlich sollten die Schülerinnen und Schüler abschließend den Text in einem kreativen Prozess „kommentieren“ können, da sie als Rezipienten den überlieferten Texten im Sinne der Rezeptionsästhetik und des Konstruktivismus erst (Be-)Deutung zuschreiben.
Folgende Methoden können bei der kreativen Erschließung und beim ganzheitlichen Verstehen eines Textes behilflich sein:
- eine Spannungskurve erstellen, die den Gang einer Handlung illustriert;
- den Text als Bodenbild bzw. Szenerie mit Hilfe von Klassenzimmermöbeln, Tüchern etc. gestalten;
- Vergleich des Textes mit einer Transformation (verfremdeten Texten, Karikaturen, Liedern);
- Reduktion (Schülerinnen und Schüler streichen mit deckendem schwarzen Stift alle Worte durch, die für das Verständnis des Textes nicht wesentlich sind, im Anschluss kann eine Glaubensformel herausgearbeitet werden, ein Wort zum Sonntag formuliert werden, eine Skizze erarbeitet werden etc.);
- Übertragung in Dialekt (fördert emotionale Nähe und durch die nähere sprachliche Auseinandersetzung mit dem Text, wird das vertiefte Verstehen des Textes gefördert);
- Textpuzzle;
- Text ergänzen (Lückentext);
- Text markieren und unterstreichen;
- pantomimische Darstellung;
- Rollenspiele;
- bibliodramatische Elemente;
- Standbild;
- Klangbild (eine biblische Erzählung wird mit Klanginstrumenten nachempfunden);
- Text in einer Bildgeschichte wiedergeben;
- eine Filmsequenz entwerfen;
- Konfiguration einer Textes erarbeiten (die Beziehung zwischen den handelnden Personen wird graphisch dargestellt und beschriftet);
- (Bibel-) Text umformen (der biblische Text wird sprachlich neu gestaltet, die inhaltliche Übereinstimmung mit dem Original aber bleibt: z. B. als Nacherzählung, knappe Inhaltsangabe, Zeitungsmeldung, Polizeibericht, Brief);
- (Bibel-) Text perspektivisch erzählen;
- biblische Texte aktualisieren (biblische Vorlage wird in Diktion und Inhalt dem heutigen Verständnis von den Schülerinnen und Schülern angepasst);
- Anti-Texte schreiben.
Musik im Religionsunterricht
Protestantische Spiritualität drückt sich traditionell in Kirchenliedern, Orgelmusik und meditativer Musik aus. Große Kompositionen wie die von Bach oder Musikstile, wie sie die Gregorianik hervorgebracht hat werden immer wieder aufgegriffen, verfremdet und neu interpretiert. Da Musik aber nicht nur in der religiösen Tradition, sondern auch im gegenwärtigen Leben von Jugendlichen eine wichtige Rolle spielt, ergeben sich vielfältige Anknüpfungspunkte, die das Schülerinteresse wecken dürften. Selbstverständlich erfordert der Einsatz von Musik im Religionsunterricht sorgfältige didaktische Überlegungen, wenn man sie nicht nur im pädagogischen Bereich zweck-illustrierend heranziehen will, sondern auch der Eigenständigkeit und Wirkung des musikalischen Ausdrucks gerecht werden will. Damit die Musik nicht nur analytisch untersucht oder gar für Verkündigungszwecke instrumentalisiert wird, muss die Wirkung der Musik erst wahrgenommen und empfunden werden. Die Auswahl von Musik im Religionsunterricht hängt davon ab, welche Ziele, Gehalte und Arbeitsmöglichkeiten im Mittelpunkt stehen. Grundsätzlich können kreative religiöse Bildungsprozesse mit vertrauten Klängen angeregt werden, aber auch mit fremder, „sperriger“ Musik, wenn sie einen inhaltlichen und ästhetischen Beitrag zur Erschließung religiöser Kontexte leistet. Methodisch kann dies auf unterschiedliche Weise initiiert werden:
- Mit Musik kreativ umgehen (Musik in Bewegung umsetzen, Lieder in Szene setzen, nach Musik malen, ein Lied mit Bildern und Photos visualisieren, mit Musik meditieren, ein bekanntes Lied mit sozialkritischem Text unterlegen, eine Geschichte vertonen, einen Rap am Ende einer Unterrichtseinheit gestalten, mit Musik experimentieren, d. h. mit allem, was zur Verfügung steht, Musik machen, Musikvideos analysieren etc.)
- Musik einer Vorstellung zuordnen (Schülerinnen und Schüler werden aufgefordert, einen Instrumentaltitel zu einem Thema mitzubringen – z. B. „Wie stellst du dir den Himmel vor?“ –, um im Anschluss die unterschiedlichen Assoziationen und Vorstellungen vergleichen und gegebenenfalls theologisch vertiefen zu können.)
- Musik vergleichen (Schülerinnen und Schüler vergleichen die musikalische Umsetzung christlicher Fragen und Themen anhand von Hörbeispielen aus unterschiedlichen Musikrichtungen)
- Musik machen (Schülerinnen und Schüler können im Religionsunterricht oder in Schulgottesdiensten selbstverständlich auch selbst Musik machen, möglicherweise in fächerübergreifender Zusammenarbeit mit der Fachschaft Musik)
Bilder im Religionsunterricht
In den meisten Schulbüchern und Unterrichtsentwürfen für den Religionsunterricht findet sich eine Vielfalt von Kunstwerken mit religiösen Themen. Der wohl wichtigste Grund dafür ist, dass Unterricht in Religion nicht nur kognitiv geschehen kann, bzw. sich auf kognitiv zu vermittelnde Inhalte reduzieren darf, sondern in einem elementaren Sinne auch „sinnenhaft“ geschehen muss, denn nur so kann der Unterricht auch auf die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler bezogen werden. Zu einer sinnenhaft und zugleich reflexiv bearbeiteten Erfahrung der Welt gehört die bildende Kunst (wie selbstverständlich auch die Literatur und Musik). Um bildende Kunst nicht nur auf ihre abbildende Funktion und ihre „Brauchbarkeit“ zur katechetischen Unterweisung zu reduzieren, bedarf es einer gewissen Schulung, damit Schülerinnen und Schüler „sehen lernen“ und sich sinnenhaft auf bildende Kunst einlassen können.
Im Folgenden wird ein Schema skizziert, das bei der Bilderschließung behilflich sein kann:
- Was sehe ich?
Die Schülerinnen und Schüler nehmen das Bild ungelenkt spontan wahr und schildern, was es alles zu sehen gibt. Es schließt sich ein erster Austausch von Eindrücken an. Eine sofortige Deutung sollte aber zugunsten der Wahrnehmungsschulung nicht erfolgen. So kann einer vorschnellen Deutung und Missachtung wichtiger Details Vorschub geleistet werden.
- Formale Analyse des Bildes: Wie ist die Bildfläche organisiert?
Welche Beziehung gibt es zwischen den einzelnen Bildelementen? Was ist alles auf dem Bild zu sehen? (Format und Formen, Proportionen, Kontraste, Perspektive, Licht und Schatten, Bewegungs- und Blickrichtung; Topographie: links, rechts, oben, unten; Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund; Körpersprache, Gestik, Mimik etc.)
- Welche Wirkung hat das Bild auf mich? Wo finde ich mich wieder?
Welche Gefühle und Assoziationen weckt das Bild in mir? Welche Gefühlslage oder Stimmung vermittelt das Bild? Eine vorläufige Deutung des Bildes kann versucht werden, in der formale und inhaltliche Einsichten miteinander verknüpft werden.
- Was hat das Bild zu bedeuten?
Bei der Erschließung des Bildes sollte darauf geachtet werden, dass Kunst nicht nur auf funktionale Gesichtspunkte im Sinn einer didaktischen Verkürzung (z. B.: Was will der Künstler mit dem Bild aussagen? Für oder gegen was nimmt das Bild Partei?) reduziert wird. Zu einer sorgfältigen Erschließung gehört vielmehr eine präzise Wahrnehmung und Beschreibung des Dargestellten. Fragen wie: Was fällt auf? Was ist ungewöhnlich und erklärungsbedürftig? Was erfährt man über die Räume, in denen sich eine Szene abspielt? Wie agieren die beteiligten Personen? sollten handlungsleitend sein. Wenn man ein Bild in eine historische Epoche einordnen möchte, kann die Lehrkraft zur kontextuellen Betrachtung Informationen in den Erschließungsprozess mit einbringen: biographische Informationen zum Künstler, Entstehungssituation des Bildes, politischer Kontext, ikonographische Bedeutung von Farben, Symbolen, Gesten, Gewändern etc., Informationen über die Wirkungsgeschichte des Bildes usw.
- Das Bild im kirchengeschichtlichen Kontext
Wer sind die Adressaten? Was erfährt man über zeitgeschichtliche Glaubensinhalte und Frömmigkeitsformen? Welche Funktion hatte das Bild? Ist es kirchenkritisch oder legitimiert es Kirche? Werden biblische Themen zur Legitimation zeitgenössischer Gesellschaft und Politik benutzt?
- Ausdruck/Gestaltung
Dieser Punkt bietet sich zum Abschluss einer erfahrungsbezogenen ganzheitlich ausgerichteten Unterrichtseinheit an. Schülerinnen und Schüler werden dazu angeregt, ihre mit dem Bild gemachten Erfahrungen zu gestalten. Möglich wäre auch eine meditative Gestaltung eventuell unter Einbeziehung von Musik, wo Schülerinnen und Schüler Umrisszeichnungen anfertigen oder ausschnitthaft Bildelemente verfremden, kreative Texte verfassen, Pantomime oder kurze Szenen nachstellen oder weiterspielen etc.
Es gibt noch eine Vielzahl von kreativen Möglichkeiten, wie mit Bildern im Religionsunterricht gearbeitet werden kann, im Folgenden werden einige skizziert:
Kopie eines Bildes wird als Puzzle von der Lehrkraft vorbereitet. Diese Methode kann z. B. zur Gruppenfindung eingesetzt werden und dient der Auflockerung aber auch dem genauen Hinsehen.
An die stille Bildbetrachtung schließt sich eine Phase an, in der die Schülerinnen und Schüler ihre Eindrücke auf einem Bogen Papier festhalten können. Sie dürfen sich dabei nicht unterhalten, aber durch ihre Kommentare aufeinander Bezug nehmen. Diese Methode bietet sich besonders bei Bildern an, „die unter die Haut gehen“ und wo Schülerinnen und Schüler im Klassenverband Schwierigkeiten hätten, ihre Emotionen zu äußern.
Schülerinnen und Schüler entwickeln zu auf dem Bild dargestellten Personen fiktive Dialoge, die sie unter Umständen auch szenisch darstellen, oder zeichnerisch weiterentwickeln könnten.
Schülerinnen und Schüler überlegen sich Fragen für ein Interview, die sie bestimmten Personen im Bild stellen könnten. Eine andere Schülergruppe oder die Lehrkraft muss antworten.
Ein Bild oder ein Ausschnitt daraus wird auf einen neuen Hintergrund geklebt und bearbeitet. So werden traditionelle Motive mit den Erfahrungen und Ideen der Schülerinnen und Schüler kontrastiert.
- Schrittweise Bildpräsentation
Das Bild wird eventuell als Ergebnis einer Gruppenarbeit oder als Kurzreferat in einzelnen Teilen vorgestellt.
Aus einer Sammlung von Bildern suchen Schülerinnen und Schüler das Bild heraus, das ihnen am besten gefällt. Dann suchen sie sich einen Partner, der ebenfalls ein Bild hat, das zu ihrem passt und stellen sich die Bilder gegenseitig vor. Die Partner suchen sich ein neues Paar, so dass Vierer- oder später Achtergruppen entstehen.
- Auswahl unter verschiedenen Bildern
Schülerinnen und Schüler suchen aus einer Sammlung von Bildern eines heraus, das sie am meisten anspricht. Sie betrachten es eingehend und stellen es der Klasse/Gruppe vor, wobei sie ihre Wahl begründen.
Filme im Religionsunterricht
Audiovisuelle Medien spielen im Alltag der Schülerinnen und Schüler eine große Rolle, wobei sie von den Jugendlichen vorwiegend zur Unterhaltung gesehen und häufig unkritisch konsumiert werden. Der Religionsunterricht kann dieser viel beschworenen, passiv machenden Medienkonsumhaltung etwas entgegensetzen, indem er die Möglichkeiten, die DVDs und Videos bieten, nützt und Schülerinnen und Schüler dazu anregt, ihre Wahrnehmung zu schärfen, sowie sich mit den Inhalten der Filme und den eigenen Gefühle auseinanderzusetzen. Filme dienen im Religionsunterricht also nicht nur der Information, Klärung und Veranschaulichung, sondern sie sind auch eine Hilfe zur Kommunikation. Sie können Betroffenheit auslösen und sind dazu geeignet, Erfahrungen, Positionen und Interessen der Schülerinnen und Schüler zu ermitteln. Weiterhin tragen Filme dazu bei, Sachverhalte zu elementarisieren und z. B. historisch weit reichende Vorgänge durch Zeitraffung überschaubar und Kausalzusammenhänge sichtbar zu machen. Sie eignen sich ebenfalls als Zusammenfassung, Wiederholung und Vertiefung des Gelernten und können helfen, die Merkfähigkeit der Schülerinnen und Schüler zu verbessern.
Beim Einsatz von Filmen im Religionsunterricht ist auf Folgendes zu achten:
Vorbereitung des Filmeinsatzes durch die Lehrkraft
- Reflexion über die Perspektive, aus der der Film gezeigt wird, und die eigene Haltung dazu;
- Sichtung des Films durch die Lehrkraft, idealerweise Ablaufskizze mit Einteilung der Szenen und Zeitangabe;
- Formulieren von Beobachtungsaufträgen, unter Umständen Erstellen eines Arbeitsblattes mit entsprechenden Aufträgen;
- Hinführung an den Film durch die Lehrkraft, die eventuell auf Kernfragen und Schlüsselszenen aufmerksam macht.
Arbeiten mit dem Film
- Film nur einmal zeigen, dann besprechen oder zweimal ansehen und dann erst daran arbeiten;
- einzelne Sequenzen zeigen und im Detail besprechen;
- Film vorzeitig abbrechen, um Schülerinnen und Schüler eigene Lösungen finden zu lassen, welche später mit dem tatsächlichen Filmende verglichen werden;
- neben der Besprechung bzw. dem Gespräch zur Auswertung sind affektivere Zugänge denkbar, wo Betroffenheit ausgedrückt werden kann (z. B. Malen, Gestalten, Standbild, Rollenspiel aus einer anderen Perspektive als der Film sie gezeigt hat);
- Schreiben, Spielen und Drehen eigener Filmszenen.
Nacharbeit
- Reflexion über den Einsatz des Films im Rahmen des Themas und seine Relevanz für die Schülerinnen und Schüler.
Kirchenräume erschließen
Die innerhalb der Religionspädagogik entstandene Richtung der Kirchenraumpädagogik begreift den Kirchenraum als einen Ort, an dem sinnliche Lernerfahrungen gemacht werden können, der sozusagen ein lebendiges Gedächtnis des christlichen Glaubens ist. Der Kirchenraum wird zu einem Ort, der durch die konkrete Begegnung mit Menschen ein neues Erleben von Religion ermöglichen will. In Kirchenräumen lässt sich auch für die Schülerinnen und Schüler gegenwärtig bedeutsames Wissen erschließen, denn dort können sie erleben und erkunden sowie kirchenhistorisch lernen.
Zu diesem Thema bietet sich der Einsatz des Films „Kirchen“ an, der über das FWU Institut für Film und Bild zu beziehen ist (Signatur 4610540). In dem Film wird eine Schulklasse bei der Erkundung der Marktkirche in Hannover begleitet, parallel dazu wird der Ablauf eines Gottesdienstes erläutert. Sollte eine persönliche Erkundung des „Lernortes Kirche“ möglich sein, empfiehlt sich ein Vorgehen in vier Schritten.
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Die Vorbereitung einer Exkursion im Unterricht kann durch folgende Fragen oder Impulse geleitet sein:
- Wo ist die schönste Kirche? Was macht sie zur schönsten Kirche?
- Was sind ‚heilige’ Orte?
- Bilder (z. B. Postkarten oder Fotos) von unterschiedlichen Kirchen mitbringen lassen
- verschiedene Baustile besprechen (gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Fachschaft Kunst): Welches theologische Programm drückt sich darin aus?
- Woher hat die jeweilige Kirche ihren Namen? Warum?
- lokale Legenden aufspüren lassen
Den Kirchenraum besuchen und ihn mit allen Sinnen erleben
- Kirche in eigenen Schritten ausmessen;
- etwas in der Kirche abzeichnen, modellieren oder skizzieren (Statue, Fenster, Säule etc.);
- eine Kerze am „Lieblingsort“ in der Kirche anzünden;
- mit Mitschülerinnen und -schülern gemeinsam etwas ausmessen;
- Was gefällt einzelnen Schülerinnen und Schülern? Worin unterscheidet sich die Kirche von der eigenen Schule?
- mit Menschen sprechen, die in dem Ort Kirche arbeiten;
- Kann man an diesem Ort Wut, Angst, Hoffnung und Trauer ausdrücken? Warum gerade hier? Warum nicht?
- geleitet durch einen Fragebogen (eventuell Quiz selbst erstellen lassen) das Kircheninnere erkunden.
Die Erfahrungen im Kirchenraum reflektieren
- Gespräch im Plenum, Kleingruppen;
- Gespräch mit Pfarrerin oder Pfarrer, die Hintergrundinformationen zur Organisation der Gemeinde/Kirche geben können;
- Nachlesen und Vertiefen von Unverstandenem, z. B. anhand von Internetrecherche;
- Erzählen über ortsgeschichtlich bedeutsame Persönlichkeiten aus der Gemeinde;
- gemeinsame Feier in der Kirche mit anschließendem Austausch (Dank- oder Klagerunde);
- Erstellen eines Erfahrungsberichtes oder einer Dokumentation.
Nachbereitung im Unterricht
- weitere Ausarbeitung der Dokumentation und Erfahrungsberichte eventuell mit dem Ziel einer Ausstellung im Schulhaus;
- Vergleich mit anderen Kirchen vor Ort (eventuell in Form einer Kooperation mit der katholischen Fachschaft);
- Vergleich der Erwartungen mit den tatsächlichen Erlebnissen;
- Entwurf einer „Traum-Kirche“;
- Vertiefen einzelner theologischer Aspekte, die die Begehung des Kirchenraumes hervorgerufen hat (z. B. Heilige, Engel, Hölle).
Spielen im Religionsunterricht
Damit Spiele im Unterricht nicht nur der allgemeinen Erheiterung und einem Methodenwechsel dienen, sollte sich die Lehrkraft darüber im Klaren sein, welche Funktion sie im Unterricht haben sollen. Diese könnte beispielsweise die Motivation zu Beginn einer Unterrichtseinheit, die Erschließung z. B. von historischen Situationen während der Unterrichtseinheit, eine Nachbereitung, eine Vertiefung oder die Identifikation mit bestimmten Gruppen oder Personen sein. Im Anschluss an ein Spiel empfiehlt sich eine Reflexion, in der man sich das gerade Gelernte bewusstmacht.
Folgende Spielformen bieten sich zum Einsatz im Religionsunterricht an:
Pantomime
· Standbild
· Rollenspiele (z. B. Lk 10, 30-35; Lk 15, 11-32; „Bibeldetektive“ – Schülerinnen und Schüler spüren anhand von Hinweisen bestimmte Bibelstellen auf)
· Imitationsspiel (mit dem Ziel der möglichst sach- und sinngetreuen Wiedergabe von historischen Gestalten und der Vergegenwärtigung von kirchengeschichtlich relevanten Situationen)
· Simulationsspiel (macht Konflikt- oder Problemsituationen zum Modell; z. B. Konflikte in der Urgemeinde)
· Wahrnehmungsspiele (die Wahrnehmung der anderen Person in der Interaktion mit der eigenen wird so gefördert)
· Kooperative Spiele (zur Förderung der Teamfähigkeit und angemessenen Sozialverhaltens)
· Memorierspiel
· Quiz
· Adaption bekannter Gesellschaftsspiele für den Religionsunterricht (z. B. „Tabu“)