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Kooperationsthemen

Link-Ebene

Ein Grundanliegen des neuen Lehrplans ist es, dass die Schülerinnen und Schüler eine umfassende Bildung erfahren. Dazu reicht es nicht aus, dass sie isoliertes Fachwissen lernen, sondern die fächerübergreifende Kooperation nimmt eine zentrale Stellung ein. In diesem Zusammenhang kann der erforderte Erwerb von Selbst-, Sozial-, Sach- und Methodenkompetenz in besonderem Maße gefördert werden. (vgl. Lehrplan für das Gymnasium in Bayern, München, Juli 2004, Das Gymnasium in Bayern, S. 9-10) In jedem Jahrgangsstufenlehrplan sind dementsprechend fächerverknüpfende und fächerübergreifende Unterrichtsvorhaben als Vorschläge aufgeführt. Da jeder Schüler und jede Schülerin in jedem Schuljahr verpflichtend an mindestens einem dieser Unterrichtsvorhaben teilnehmen muss, werden die Kolleginnen und Kollegen einer Jahrgangsstufe zunehmend dazu aufgefordert sein, zusammenzuarbeiten. Religionslehrerinnen und Religionslehrer sind dabei besonders angesprochen, denn neben den genannten Unterrichtsvorhaben ist auch noch eine Kooperation mit dem Fach Katholische Religionslehre verpflichtend vorgesehen.

„In besonderer Weise sieht sich das Fach Evangelische Religionslehre dem Fach Katholische Religionslehre verbunden. In den Jahrgangsstufen 5 mit 10 sind darum Themenbereiche ausgewiesen, die sich als ganze oder in einzelnen Teilen für eine Kooperation mit dem katholischen Religionsunterricht eignen. Im Erproben verschiedener Möglichkeiten der Kooperation können Gemeinsamkeiten entdeckt und unterschiedliche konfessionelle Zugänge und Entwicklungen bedacht werden. Dies dient einem besseren Verständnis der eigenen Konfession ebenso wie der Einübung ökumenischer Gesprächsfähigkeit.“ (Lehrplan für das Gymnasium in Bayern, München, Juli 2004, Fachprofil Evangelische Religionslehre, S. 21)

Es ist möglich, die Kooperation mit dem katholischen Religionsunterricht zu einem größeren Projekt auszuweiten und so den Schülerinnen und Schülern die Teilnahme an einem fächerverknüpfenden und fächerübergreifenden Unterrichtsvorhaben zu ermöglichen. Dies bietet sich bei manchen Themen sicherlich an, es sollte aber beachtet werden, dass Ziele der Kooperation mit dem katholischen Religionsunterricht insbesondere auch das Verständnis der eigenen Konfession und die ökumenische Gesprächsfähigkeit sind. Diese Aspekte könnten in den Hintergrund treten, wenn noch viele andere Fächer in das Vorhaben einbezogen werden.


Folgende Themenbereiche sind als Kooperationsthemen im Lehrplan ausgewiesen:

Ev 5.2 Christentum vor Ort

K 5.5 Unsere Kirchen: „Ortszeichen“ weltweiten christlichen Glaubens

Ev 5.3 Begegnung mit der Bibel

K 5.3 Die Bibel: Erfahrungen unseres Glaubens in einem Buch

Ev 6.2 Jesus von Nazareth und seine Botschaft

K 6.4 Aus dem Dunkel zum Licht: Jesus gibt Hoffnung in Leid und Tod

Ev 6.4 Religiöse Feste und Bräuche

K 6.1 Zwischen Leistungserwartungen und Erlebniswelten: eigene Orientierung finden

Ev 7.2 Gestalten der Kirchengeschichte bis zum Vorabend der Reformation

K 7.4 Kulturen im Wandel: christliches Europa im Mittelalter

Ev 7.3 Islam

K 7.5 Der Islam – Begegnung mit Muslimen in unserer Gesellschaft

Ev 8.1 Leben in Gottes Schöpfung und Geschichte

K 8.1 Gottes Schöpfung – Gabe und Aufgabe für den Menschen

Ev 8.3 Reformation

K 8.3 Heilssehnsucht: Ringen um das ewige Leben im Reformationszeitalter

Ev 9.1 Judentum

K 9.2 Das Judentum: Weltreligion und Wurzel des Christentums

Ev 9.4 Arbeit und Leistung

K 9.5 Schule, Abitur, Beruf – wozu?

Ev 10.3 Buddhismus

K 10.5 Christentum im Pluralismus von Religionen und Kulturen: Hinduismus und Buddhismus

Ev 10.4 Tod und Leben

K 10.2 Leben an der Grenze: Tod und Jenseitserwartungen

Die Zusammenarbeit bei den als Kooperationsthemen ausgewiesenen Themenbereichen kann sich ganz unterschiedlich gestalten. Mit der wachsenden Bedeutung der Ökumene gibt es bei vielen Bereichen eine große Übereinstimmung von evangelischem und katholischem Religionsunterricht. Bei Themen, die in der gemeinsamen christlichen Tradition verankert und konfessionell nicht strittig sind, wird es in beiden Unterrichtsgruppen eine vergleichbare Behandlung des Stoffes geben, so dass Zusammenarbeit auf diesem Gebiet möglich ist. Bewusst sind aber auch Themenbereiche für die Kooperation vorgesehen, wo die jeweilige konfessionelle Position besonders deutlich wird. Damit wird den Heranwachsenden eine zunehmende Identifikation mit der eigenen Konfession möglich, zugleich wird aber auch die Dialog- und Urteilsfähigkeit gestärkt, was auch im Hinblick auf die EPA-Richtlinien wichtig ist. Die religiöse Kompetenz wird gefördert und gleichzeitig können die Schülerinnen und Schüler auch Sozialkompetenz, insbesondere Toleranzbereitschaft und Kommunikationsfähigkeit sowie Sachkompetenz erwerben.

Aufgabe der beteiligten Lehrkräfte ist es, zunächst einmal einen Rahmen zu finden, in dem die Kooperation ablaufen soll. Die Formulierungen im Lehrplan sind bewusst möglichst offen gehalten, damit die Zusammenarbeit den Gegebenheiten der jeweiligen Schulsituation angepasst werden kann. So sind mit Absicht die gesamten Themenbereiche zur Kooperation ausgewiesen, was aber nicht heißt, dass eine gesamte Unterrichtssequenz gemeinsam geplant werden muss, auch eine nur an einem Lernziel orientierte Zusammenarbeit ist denkbar.

Mit der Klärung folgender Frage könnte eine Zusammenarbeit beginnen:

· Wie setzt sich meine Religionsgruppe zusammen? Aus welchen Klassen kommen die Schülerinnen und Schüler? Welche katholischen und evtl. auch evangelischen Kolleginnen und Kollegen unterrichten die Mitschülerinnen und Mitschüler?

Je nach Gegebenheit am Schulort werden sich unterschiedliche Möglichkeiten der Gruppenbildung auftun. Der „größere“ Partner, der vielleicht nur Schülerinnen und Schüler aus einer Klasse unterrichtet, könnte mit der gesamten Gruppe des „kleineren“ Partners, der eine gemischte Klasse unterrichtet, kooperieren. Denkbar ist aber auch, dass das Projekt auf die Jahrgangsstufe ausgeweitet wird, so dass alle im Religionsunterricht gekoppelten Klassen einbezogen werden. Gibt es Klassen, die nicht konfessionell gemischt sind, so muss auch an deren Beteiligung gedacht werden, wobei aber darauf zu achten ist, dass die Lehrkraft, die die Minderheit bildende Konfession unterrichtet, durch die Organisation von gemeinsamen Unterrichtsvorhaben nicht überfordert wird.

Besondere Schwierigkeiten ergeben sich an den Orten, in denen sehr wenige evangelische Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden und in denen es bisher üblich war, evangelischen Religionsunterricht jahrgangsstufenübergreifend zu erteilen. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass jahrgangsstufenübergreifender Unterricht nach der GSO (vom 23. Januar 2007) nicht mehr vorgesehen ist, wenn die Mindestzahl von fünf Teilnehmern gewährleistet ist. Die Verpflichtung zur Kooperation mit dem Fach Katholische Religionslehre steht sogar in direktem Widerspruch zur Einrichtung von jahrgangsstufenübergreifendem Unterricht, da dort im Prinzip jeder zweite Jahrgang von einer direkten Kooperation ausgeschlossen ist. (Denn jeder zweite Jahrgang nimmt im Lauf seiner Gymnasialzeit den Lehrplan in der Reihenfolge 6, 5, 8, 7, 10, 9, 12, 11 durch und befindet sich somit nie bei den gleichen Themenbereichen, wie die katholischen Mitschülerinnen und Mitschüler.) Sollte an Orten, an denen evangelischer Religionsunterricht unter Extrembedingungen stattfindet, dieser dennoch jahrgangsstufenübergreifend organisiert sein, ist es wichtig, langfristiger, auch über zwei Schuljahre hinweg, zu planen und gemeinsam mit einer katholischen Lehrkraft Freiräume im Unterrichtsablauf zu schaffen, in denen ein Projekt im Sinn der Kooperation durchgeführt werden kann.

· Wann soll die Kooperation stattfinden?

Zu beachten sind beispielsweise Klassenfahrten, Zeiten mit vielen Schulaufgaben oder die Durchführung weiterer Projekte in den jeweiligen Klassen, die zu ungünstigen Voraussetzungen für die Kooperation der Religionsgruppen werden könnten. Eventuell bieten sich aber auch spezielle Zeiten im Schuljahr besonders an, wenn zum Beispiel Veranstaltungen stattfinden, bei denen die Ergebnisse präsentiert werden können.

· Wo soll das gemeinsame Unterrichtsvorhaben stattfinden?

Je nach Anzahl der beteiligten Schülerinnen und Schüler muss entschieden werden, ob ein großes Klassenzimmer ausreichend ist, ob für etwaige arbeitsteilige Phasen zwei nebeneinander liegende Räume zur Verfügung stehen oder ob ein Mehrzweckraum bzw. die Aula gewählt werden sollte.

In einem nächsten Schritt muss das genaue Vorgehen bei der Kooperation geplant werden.

· Soll die Kooperation zu einem kontroversen Thema stattfinden oder soll die Suche nach den gemeinsamen christlichen Grundlagen im Vordergrund stehen?

· Nach der Festlegung auf den Themenbereich ist im Zusammenhang mit der Auswahl der speziellen Inhalte eine genaue Analyse der beiden Lehrplantexte notwendig. Auch wenn bei der Themenbereichsformulierung der gemeinsame Wortlaut überwiegt, so lassen sich bei der Konkretisierung doch häufig konträre Zugangsweisen auf evangelischer und katholischer Seite feststellen. Es muss dann überlegt werden, ob ein gemeinsamer Weg gewählt wird oder ob die Religionsgruppen zunächst jeweils einen eigenen Zugang zum Thema finden und die Kooperation erst zu einem späteren Zeitpunkt einsetzt. Die evangelische und katholische Gruppe könnte dann beispielsweise auch jeweils die Rolle eines Experten einnehmen. (Vgl. hier insbesondere auch die Anmerkungen zu den zur Kooperation ausgewiesenen Lehrplanthemen auf der Link-Ebene.)

· Schließlich müssen Lernziele formuliert werden. Alle beteiligen Lehrkräfte sollten sich bewusst werden, in welchem Bereich die kooperierende Zusammenarbeit zu einem „Mehrwert“ führt, im Vergleich zur Durchnahme des Themengebietes in der geschlossenen Gruppe.

Auch wenn die Lernziele nicht nur rein kognitiv ausgerichtet sein werden, sondern immer mehr auch die geforderten Kompetenzen umfassen, so muss auf jeden Fall überlegt werden, ob am Ende ein „sichtbares“ Ergebnis präsentiert werden soll oder „nur“ der Erkenntnisgewinn bei jedem einzelnen Schüler, jeder einzelnen Schülerin im Mittelpunkt stehen soll. Diese Ergebnisse können sehr unterschiedliche Formen annehmen, beispielsweise:

· individuell oder gemeinsam formulierte Hefteinträge

· Referate oder schriftlich fixierte Ergebnisse von Gruppenarbeiten werden gesammelt und zu einem kleinen Geheft zusammengestellt

· Ergebnisse von Gruppenarbeiten werden zu einer Präsentation (z. B. mit Hilfe von Power-Point) verarbeitet

· Erstellen von Plakaten, die – evtl. ergänzt durch passende Ausstellungsgegen-stände – an geeigneter Stelle im Schulhaus präsentiert werden;

· Einladung von Gästen in die Schule

· Durchführung einer Exkursion

· Feiern eines gemeinsamen Gottesdienstes

Auch die Durchführung des gemeinsamen Unterrichtsvorhabens gewährt viele verschiedene Möglichkeiten, zum Beispiel:

· Die evangelischen und katholischen Schülerinnen und Schüler werden die gesamte Dauer von allen beteiligten Lehrkräften gemeinsam unterrichtet.

· Es gibt Phasen des gemeinsamen Unterrichts und Phasen einer Unterrichtung in Gruppen. Dabei ist es möglich, in die angestammten Religionsgruppen zurückzukehren oder auch neue, konfessionsgemischte Lerngruppen zu bilden.

· Die Religionsgruppen bleiben in ihrer ursprünglichen Form bestehen, aber es findet ein Lehrertausch statt. Diese Art der Unterrichtsdurchführung wird vor allem immer dann interessant sein, wenn konfessionsspezifische Fragestellungen im Vordergrund stehen.

· Der Religionsunterricht findet in seinem gewohnten Rahmen statt; die Lerngruppen begegnen sich nur zu einem bestimmten Anlass, zum Beispiel zu einer Exkursion, einer Diskussion mit eingeladenen Experten oder der Präsentation von Ergebnissen.

Neben diesen eher lehrerzentrierten Unterrichtsformen eröffnen sich aber insbesondere im Rahmen der Durchführung der Kooperationsthemen auch viele Möglichkeiten, die Methoden- und die Selbstkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Deshalb bietet es sich an, viele schüler- und handlungsorientierte Arbeitsweisen einzusetzen.

· Von den Lehrkräften vorbereitete Lernstationen werden von konfessionsgemischten Schülergruppen bearbeitet.

· In den jeweiligen Religionsgruppen werden Expertengruppen gebildet, die bestimmte Themen vorbereiten. Der Austausch zwischen den Lerngruppen kann dann auf verschieden Arten stattfinden, z. B.

o durch Vorträge mit anschließender Fragerunde

o bei einer Podiumsdiskussion

o durch selbständige Erarbeitung von Lernstationen für die andere Religionsgruppe

o im Rahmen einer Ausstellung

· Es bilden sich Arbeitgruppen, die sich aus Schülerinnen und Schülern der verschiedenen Religionsgruppen zusammensetzen. In diesen Gruppen werden beispielsweise Präsentationen oder Plakate erstellt, die später zu einer Gesamtpräsentation zusammengeführt werden. In den Gruppen könnten z. B. aber auch Elemente eines Gottesdienstes oder einer anderen Veranstaltung vorbereitet werden.

Bei der Wahl einer Organisationsform muss immer mit bedacht werden, welches Grund- und Vorwissen das Kooperationsthema betreffend in der jeweiligen Lerngruppe vorausgesetzt werden kann. Für eine gelingende Zusammenarbeit sollte auch berücksichtigt werden, inwieweit sich die Schülerinnen und Schüler der Religionsgruppen untereinander kennen und ob eventuell schwerwiegende Konflikte vorliegen.

Um die Durchführung der Kooperation möglichst gewinnbringend zu nutzen, sollte auf jeden Fall – unabhängig vom jeweils gewählten Thema – die Möglichkeit eingeräumt werden, Fragen an Mitschülerinnen und Mitschüler der anderen Konfession zu stellen, um Unkenntnis zu beseitigen und Vorurteile abzubauen. Die Durchführung einer Kooperation zwischen evangelischem und katholischem Religionsunterricht kann so zu sehr wertvollen Begegnungen und zu einem Erfahrungsgewinn bei allen Beteiligten führen.

Hinweis:

Konkrete, unterrichtspraktische Ideen zur Umsetzung der Kooperation im Schulalltag finden sich auf der Link-Ebene bei den entsprechenden zur Kooperation ausgewiesenen Themenbereichen.

Literaturhinweise:

· Utzschneider, Vera, Didaktisches Begleitheft zum neuen Lehrplan Jahrgangsstufe 8, hrsg. von der GPM (Erlangen 2006), S. 5-9

· Deinzer, Roland, Kooperationsthemen als Chance für ökumenische Akzentsetzung, überarbeitete und erweiterte Fassung in: Utzschneider, Vera, Didaktisches Begleitheft zum neuen Lehrplan Jahrgangsstufe 8, hrsg. von der GPM (Erlangen 2006), S. 11-23

· Deinzer, Roland, Rößner, Bernhard, Der neue Lehrplan und ökumenische Kooperation, Kontaktbrief Katholische Religionslehre 2006, Download: kontakt-net 3

(https://www.isb.bayern.de, Stand: 19.10.2007)

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