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8 Evangelische Religionslehre (2)

Auf der Suche nach eigener Identität verhalten sich Jugendliche – zwischen Suche nach Geborgenheit und Kritik an Überkommenem – oft widersprüchlich. In dieser Lebensphase kann der Religionsunterricht einen Gesprächsraum öffnen: Christliche Traditionen können als befreiend und lebensförderlich erschlossen werden für den eigenen Lebensbereich, aber auch für den Bereich der Familie. Persönlichkeiten, die ihren individuellen Weg gegangen sind, regen die Schüler zum Nachdenken auch über die eigene Lebensführung an. Bei der Beschäftigung mit der christlichen Schöpfungstradition können sie Möglichkeiten entdecken, sich in der Welt und der eigenen Lebenszeit zurechtzufinden.

In der Jahrgangsstufe 8 erwerben die Schüler folgendes Grundwissen:

Ev 8.1 Leben in Gottes Schöpfung und Geschichte [ K 8.1] (ca. 14 Stunden) 

Die Schüler sollen sich ihrer eigenen Vorstellungen von Welt und Zeit bewusstwerden und sie mit anderen Sichtweisen und deren Auswirkungen auf das Lebensgefühl vergleichen. Sie sollen lernen, mit der Spannung zwischen Aussagen der Naturwissenschaften und Aussagen des Glaubens an Gott, den Schöpfer, sachgemäß umzugehen. Die Begegnung mit dem biblischen Zeitverständnis und der eschatologischen Dimension christlichen Glaubens soll die Jugendlichen dazu anregen, Zeit als Gabe mit Chancen und Grenzen begreifen und gestalten zu lernen. Die Schüler sollen biblische Aussagen auch als Angebot wahrnehmen, das eigene Leben und den eigenen Glauben zu bedenken.

  • den biblisch-christlichen Schöpfungsglauben im Kontext anderer Sichtweisen von Welt kennenlernen [B 8.3] 
    • Weltsichten der Schüler; ein Schöpfungsmythos; naturwissenschaftliche Theorien, z. B. Urknall, Evolution
    • Begegnung mit biblischen Aussagen zur Schöpfung: Zugangsmöglichkeiten und Zugangsschwierigkeiten
    • biblische Konzepte von „Welt“, z. B. in Ps 104; 1. Mose 1 bis 3; 1. Mose 4; 1. Mose 6-9
    • Grundzüge christlichen Schöpfungsglaubens (z. B. Luthers Auslegung des Ersten Glaubensartikels, Erhaltungs- und Heilshandeln Gottes wie etwa Ps 78; Jes 65,17; 2. Kor 5,17)
    • Wechselwirkung von Weltbild und Lebensgefühl, Lebensstil, Lebensführung
  • biblisches Verständnis von Zeit und Geschichte erkunden und Lebenszeit als Gabe entdecken
    • Unterscheidungen: frei verfügbare, fremdbestimmte, begrenzte Zeit; lineare und zyklische Sicht von Geschichte
    • biblisches Zeitverständnis, z. B. Ps 31,16; Ps 90; Mt 6,24-33; 3. Gebot; biblische Zukunfts- und Endzeiterwartungen, z. B. Jes 2,2-4; Mt 24; Offb 21; Vorstellung vom „schon und noch nicht“; Ewigkeit und Reich Gottes
  • die Bedeutung biblischer Schöpfungsaussagen für Glauben und Handeln wahrnehmen 
    • die Bedeutung der Bibel für Glauben und Handeln heute
    • verantwortliches Verhalten gegenüber der Schöpfung, evtl. Projekt, (Tier-, Umweltschutz) [ Geo 8.2; Ph 8.3; SpG 8.3.1]
    • verantwortlicher Umgang mit dem Geschenk der Zeit – in Freizeit, Schule und Arbeitsleben; Kairós-Vorstellung

Ev 8.2  Leben in vielfältigen Familienformen (ca. 8 Stunden)  

Die Jugendlichen sollen die gegenwärtige und historische Vielfalt der Lebensformen bewusst wahrnehmen und sich über eigene Erfahrungen und Sehnsüchte nach Halt und Geborgenheit sowie nach Selbstbestimmung und Distanz klar werden. Familien- und Verwandtschaftsgeschichten aus der Bibel  zeigen, wie Familienbeziehungen gelingen und scheitern können und wie beides unter Gottes Segenszusage steht.

  • die Vielgestaltigkeit menschlichen Zusammenlebens als Herausforderung an den Glauben wahrnehmen
    • Familienleben zwischen Geborgenheit und Konflikthaftigkeit, Nähe und Distanz
    • Familienformen und Vorstellungen von Familie früher und heute, z. B. Alleinerziehende, Kern-, Patchwork, Mehrgenerationenfamilie, erweiterte Familie
    • Rollen und Beziehungen, wie Mann und Frau, Geschwister, Generationenverhältnis, Erfahrung mit Erziehung 
    • Wertschätzung und Relativierung der Bedeutung von Familie, z. B. in den Erzelterngeschichten, im 4. Gebot, in Mk 3,31-35
    • Impulse des Glaubens für das Zusammenleben: z. B. Vertrauen, Vergebung, Wahrhaftigkeit, Freiheit

Ev 8.3 Reformation [ K 8.3] (ca. 14 Stunden)  

Grundeinsichten evangelischen Glaubens und Lebens sollen die Schüler motivieren, sich persönlich mit den reformatorischen Anliegen auseinanderzusetzen. Kenntnisse über die Entstehung der evangelischen Kirchen sollen das Verständnis fördern für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen „evangelisch“ und „katholisch“.

  • Einsicht gewinnen in das „neue“ Suchen nach Wahrheit zur Zeit der Reformation [ G 7.3]
    • Luthers Lebensweg vor dem Hintergrund der Welt- und Glaubensvorstellungen seiner Zeit
    • eventuell eine weitere Gestalt, z. B. H. Zwingli, J. Calvin oder eine lokale reformatorische Strömung
  • Verständnis gewinnen für Grundanliegen evangelischen Glaubens und Lebens
    • Orientierung „allein an der Schrift“; die Freiheit eines Christenmenschen
    • Gewissheit des Heils: „allein durch Christus“, „allein durch Glauben“, „allein aus Gnade“
  • Auswirkungen der Reformation wahrnehmen

Ev 8.4 Prophetisches Reden und Handeln (ca. 10 Stunden)

Die prophetische Überlieferung des AT soll die Schüler anregen, sich mit der Frage nach dem Willen Gottes und dessen Ansage auseinanderzusetzen. Dies kann sie ermutigen, sich diesem Willen als Leitmotiv der Lebens- und Weltgestaltung zu öffnen und für Überzeugungen einzustehen. Dabei sind Berührungspunkte mit Ev 8.5 möglich.

  • biblische Prophetie in ihrer zeitgeschichtlichen Situation kennenlernen, etwa am Beispiel des Jeremia
    • Merkmale prophetischer Existenz und Verkündigung, z. B. Berufung, Ansage von Heil und Unheil, Ausrichtung am Gottesrecht, Autoritäts- und Sozialkritik, Zeichenhandlungen, Leiden, Zweifel; wahre und falsche Prophetie 
  • Herausforderungen zu prophetischem Handeln in unserer Zeit entdecken und reflektieren, ggf. als Projekt
    • Prophetie als Merkmal kirchlichen Redens und Handelns (z. B. „Wächteramt“)
    • prophetische Züge bei Menschen, die sich z. B. für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen (z. B. M. L. King)
    • Herausforderung und Schwierigkeit, mit der eigenen Person für Überzeugungen einzustehen

Ev 8.5 Neureligiöse Bewegungen und Psychomarkt (ca. 10 Stunden)

Auf einem wachsenden Markt versprechen esoterische und neureligiöse Angebote Menschen Geborgenheit, Gemeinschaft, Lebenshilfe und Macht bzw. Heil oder Heilung. Die Heranwachsenden sollen Informationen über deren Hintergründe erhalten und mögliche Folgen für den Einzelnen aus christlicher Sicht kritisch erkunden.

  • Überblick gewinnen über vielfältige Angebote neureligiöser Bewegungen und des Psychomarkts
    • aktuelle Angebote, z. B. Esoterik, Astrologie, okkulte Praktiken, Satanismus, Scientology
    • mögliche Erklärungen für die Attraktivität solcher Angebote, z. B. Faszination einfacher Antworten in einer unüberschaubaren Welt, Unbehagen an der Dominanz naturwissenschaftlichen Denkens, Machtverheißung
    • Auswirkungen auf Selbst- und Weltverständnis sowie auf das Verhalten der Menschen
  • Angebote neureligiöser Bewegungen und des Psychomarkts aus christlicher Sicht beurteilen
    • Stärkung der Person durch Aspekte christlichen Welt- und Menschenverständnisses, Ermutigung zur Freiheit
    • Lebenshilfe durch vergleichbare Traditionen des Christentums wie Meditation, Mystik, Gemeinschaften
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