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Israelitische Religionslehre
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Auf der Suche nach eigener Identität verhalten sich Jugendliche – zwischen Suche nach Geborgenheit und Kritik an Überkommenen – oft widersprüchlich. In dieser Lebensphase kann der Religionsunterricht einen Gesprächsraum öffnen: Die Auseinandersetzung mit Werten und Ideen der jüdischen Tradition kann als befreiend und lebensförderlich erschlossen werden für den eigenen Lebensbereich, aber auch für den Bereich der Familie. Die Beschäftigung mit der Frühgeschichte des jüdischen Volkes kann für die Schüler inspirierend auf die Betrachtung ihrer eigenen Um- und Lebenswelt wirken.
In der Jahrgangsstufe 8erwerben die Schüler folgendes Grundwissen:
- charakteristische Merkmale der Frühgeschichte des jüdischen Volkes kennen
- Impulse der jüdischen Tradition auf das Zusammenleben in der Familie beziehen können
- die Bedeutung der schriftlichen Tora für den jüdischen Lebensalltag der Gegenwart übertragen können
- Grundanliegen jüdischer Existenz in den Gebeten beschreiben können
- Kennzeichen jüdischer Existenz anhand der Verantwortung gegenüber der Schöpfung erläutern können
- die mit dem Gebet zusammenhängenden Begriffe in Wort und Schrift anwenden
Isr 8.1 Gebet als Ausdruck des Glaubens und der Identität IV
Die Beschäftigung mit Aspekten des täglichen Morgengebetes soll die Schüler anregen, sich mit der Frage nach der Willensfreiheit und Verantwortung vor G-tt und den Mitmenschen auseinanderzusetzen. Sie können hierdurch bewegt werden, ihre eigene Rolle zu bedenken und neue, kreative Zugänge zur Tradition zu finden.
- Kenntnisse der Struktur und des Inhaltes des Morgengebetes an Wochentagen in Wort und Schrift erwerben
- Birchot haschachar, Aschrej, Schirat hajam, Schma Israel, Amida und Alejnu in Wort und Schrift
- Merkmale der menschlichen Verantwortung, z. B. soziales Verhalten (Mischna Peah, Mischna Schabbat in Birchot haschachar)
- G-ttesliebe und Dankbarkeit
- Gehorsam gegenüber G-tt und Freiheit des menschlichen Willens
- Zielsetzung des Judentums: Tikkun olam (z.B. im Alejnu-Gebet)
Isr 8.2 Der jüdische Jahreskreis IV
Die Auseinandersetzung mit dem Wechsel der biblischen Feste motiviert die Schüler, den besonderen Rhythmus der Feiertage im jüdischen Jahreslauf zu erkunden und sich mit dem besonderen Charakter der einzelnen Feiertage zu befassen. Darüberhinaus betrachten sie ihre eigene Identität im Kontext der jüdischen Geschichte.
- Pessach als Drehpunkt der jüdischen Geschichte im Leben des Einzelnen und der Gesamtheit kennenlernen
- Erinnerung an den Auszug aus Ägypten ( z. B. 5 BM 16:1-12; 2 BM 12: 2-27; 2 BM 13:8)
- Bedeutung der Erinnerung für die jüdische Identität (Beispiele aus der Haggada: Becholdor wador)
- Schawu’ot als geistiges Gründungsereignis des jüdischen Volkes erfassen
- Toragebung als Grundlage des Judentums (z. B. 3 BM 23:20-22)
- Schawu’ot als Verbindung von Tempel und Volk (z. B. Mischna Bikurim, Seder Sera’im III. 1-6)
- Bedeutung der Erinnerung an den Tempel für die jüdische Identität (vgl. Isr 7.1; 7.2; 7.4)
- Sukkot als Bestätigung des Wirkens G-ttes an seinem Volk begreifen
- Erinnerung an Wüstenwanderung (z. B. 3 BM 23:33-44; Mischna Sukka I.,1; IV., V), Wolkensymbolik
- Bezug Hohe Feiertage- Sukkot
Isr 8.3 Die jüdische Familie
Die Jugendlichen erfassen die Stellung der Familie für die Kontinuität jüdischer Existenz. Anhand biblischer Familien- und Verwandtschaftsgeschichten überdenken sie Erfahrungen mit der Familie und die eigenen Sehnsüchte nach Halt und Geborgenheit sowie nach Distanz und Selbstbestimmung.
- die Vielgestaltigkeit familiären Zusammenlebens als Herausforderung an die eigene Lebensgestaltung wahrnehmen
- jüdisches Familienleben zwischen Geborgenheit und Kontakthaftigkeit, Nähe und Distanz (z. B. Abraham, Joseph)
- Rollen und Beziehungen, wie Mann und Frau, Geschwister, Generationenverhältnis, Erfahrung mit Erziehung, z. B. bKidduschin 29:71
- Wertschätzung und Relativierung der Bedeutung der Familie (z. B. 2 BM 20:11.12; 3 BM 19:3; bKidduschin 31b; bSanhedrin 81a)
- Konfliktsituationen: Verfluchung der Eltern (z. B. 2 BM 21:15,17; bKidduschin 30b/31a)
- Impulse der jüdischen Tradition für das Zusammenleben: z. B. Vertrauen, Vergebung, Wahrhaftigkeit, Freiheit, Konfliktlösung (z. B. bSchabbat 54b; bJewamot 63a)
Isr 8.4 Begegnung mit der Bibel (Tenach) IV
In der Auseinandersetzung mit der jüdischen Bibel als Grundlagen der jüdischen Tradition sollen die Schüler die Wirkungsgeschichte und Bedeutung der jüdischen Traditionsliteratur erfassen. Hierbei lernen sie die Wechselbeziehung zwischen schriftlicher und mündlicher Tora und ihre tiefe innere Verknüpfung kennen.
- die Spannbreite der schriftlichen Tora (tora sche bichtaw) erfassen
- Aufbau und Gliederung der schriftlichen Tora: Tora, Newi’im und Ketuwim
- Einbindung des Tanach in der jüdischen Tradition: Toralesung, Prophetenlesung
- Megillot, Gebetstexte u. a. aus den Psalmen
- die 613 Mizwot als Grundlage des religiösen und ethischen Handelns im Judentum begreifen lernen
- ihre Vernetzung mit der jüdischen Lebenspraxis, z. B. Kaschrut (→Â Isr 5.2; 6.3), Schabbat, Feiertage
Isr 8.5 Schöpfung und Verantwortung (→ Ev 8.1; K 8.1)
Die Schüler werden sich ihrer eigenen Vorstellungen von Welt und Zeit bewusst und vergleichen sie mit anderen Sichtweisen und deren Auswirkung auf das Lebensgefühl. Sie lernen, mit der Spannung zwischen Aussagen der Naturwissenschaften und Aussagen des Glaubens im Blick auf G-tt, den Schöpfer, sachgemäß umzugehen. Die Auffassung des jüdischen Zeitverständnisses regt die Jugendlichen dazu an, sich mit den Differenzen zwischen jüdischem Zeitverständnis und nichtjüdischer Zeitauffassung auseinanderzusetzen.
- den jüdischen Schöpfungsglauben im Kontext anderer Sichtweisen von Welt kennenlernen
- Weltsichten der Schüler; Schöpfungsmythen der Völker
- Begegnung mit den Aussagen der Tora zur Schöpfung: Zugangsmöglichkeiten und Zugangsschwierigkeiten
- das Verhältnis naturwissenschaftlicher Theorien wie Urknall und Evolution zum biblischen Reden von der Schöpfung (→ B 8.3)
- Konzepte der Tora von „Welt“, z. B. in Ps. 104; 1 BM 1-4; 1 BM 6-9
- Grundzüge des jüdischen Schöpfungsglaubens (z. B. Kiddusch lewana, Neumondbestimmung, Symbolik der Erneuerung)
- jüdisches Verständnis von Zeit und Geschichte erkunden und Lebenszeit als Gabe entdecken
- Unterscheidungen: frei verfügbare, fremdbestimmte, begrenzte Zeit; lineare und zyklische Sicht von Geschichte (z. B. Rosch Chodesch, Kalenderbestimmung 2 BM 12:2; Kidduschgebet)
- Schwerpunkte jüdischen Zeitverständnisses: Jemej ha maschiach (z. B. Jesaja 2.2-4)
- die Bedeutung der Schöpfungsaussagen der Tora für die jüdische Glaubenspraxis wahrnehmen
- Bedeutung der Bibel für die heutige Lebenspraxis: Umweltschutz (z. B. Kohelet Rabbah 7:13; 5 BM 20:19; Schmot Rabbah 35:2); Tierschutz (z. B. 2 BM 20:9; 5 BM 22:10; Rambam: Hilchot rozeach uschmirat hanefesch 13:13)
- jüdische Stimmen zu Organtransplantation, Stammzellenforschung und therapeutischem Klonen (z. B. Y. Nordmann)
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