In diesem Lehrplanabschnitt ist erstmals explizit die Beschäftigung mit Wahrscheinlichkeiten gefordert. Dabei wird – wie in der gesamten Mittelstufe – ein „intuitiver Wahrscheinlichkeitsbegriff“ zugrunde gelegt, der durch die Bedingungen des betrachteten Zufallsexperiments naheliegt. Eine exakte, formale Definition des Wahrscheinlichkeitsbegriffs erfolgt erst in Jahrgangsstufe 11.
Das zum Ermitteln von Laplace-Wahrscheinlichkeiten erforderliche Abzählen der Mächtigkeiten von Ereignissen und Ergebnisräumen knüpft an den Lehrplaninhalt „Erstes Anwenden des Zählprinzips, Veranschaulichen in Baumdiagrammen“ von Jahrgangsstufe 5 an. Der zunehmenden Routine und der altersbedingten Weiterentwicklung des analytischen Denkens entsprechend fallen die Zählprobleme jedoch nun anspruchsvoller aus. Der Lehrplan weist allerdings ausdrücklich darauf hin, dass die Aufgaben mit Hilfe von Baumdiagrammen bzw. durch geschicktes Abzählen lösbar sein sollen. An ein unreflektiertes, bloßes Vorziehen ehemaliger Inhalte aus der Oberstufe ist hier keinesfalls gedacht. Kombinatorik im Sinne von – über das Zählprinzip hinausgehenden – kombinatorischen Grundformeln, wie sie z. B. die Formelsammlung bietet, ist nicht intendiert. Ein systematisches Eingehen auf mehrstufige Zufallsexperimente, insbesondere die Formulierung der Pfadregeln und deren Anwendung zur Ermittlung von Wahrscheinlichkeiten, sieht der Lehrplan erst in Kapitel „M 9.4 „Stochastik: Zusammengesetzte Zufallsexperimente“ in Jahrgangsstufe 9 vor.
Der im Lehrplan geforderte Ausblick auf Zufallsexperimente, die nicht der Laplace-Annahme genügen (z. B. Werfen eines Reißnagels), soll bei den Schülern die Einsicht wecken, dass sich die Laplace-Wahrscheinlichkeit nicht zu einer allgemeinen Definition des Wahrscheinlichkeitsbegriffes eignet; keinesfalls ist dabei jedoch an eine weitergehende, axiomatische Behandlung des Wahrscheinlichkeitsbegriffs gedacht.
Um – wie im Lehrplan gefordert – den Themenbereich unter Verwendung der mathematischen Fachsprache zu bearbeiten, müssen die Begriffe Ergebnis, Ergebnisraum und Ereignis sowie die in diesem Zusammenhang gebräuchlichen Kurzschreibweisen eingeführt werden. Spätestens hier kommen die Schüler mit der Mengenschreibweise (z. B. für Ergebnisraum, Ereignis und Gegenereignis) in Berührung. Die Behandlung dieser formalen Aspekte sollte auf den für die konkreten Problemstellungen erforderlichen Umfang beschränkt bleiben und keinesfalls in eine abstrakte Ereignisalgebra münden. Die formale Behandlung von Schnitt-, Vereinigungs- und Komplementmenge wird vom Lehrplan in Jahrgangsstufe 11 im Kapitel „M 11.6 Wahrscheinlichkeitsbegriff“ gefordert. Ein Wiederaufgreifen der Mengenschreibweise erfolgt bereits in Kapitel „M 8.3 Funktionale Zusammenhänge: elementare gebrochen-rationale Funktionen“ im Zusammenhang mit der Definitions- und Wertemenge von gebrochen-rationalen Funktionen bzw. der Definitions- und Lösungsmenge von Bruchgleichungen.
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